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Andrew Burnham bei einem Besuch des St.-Ann's-Platzes nach dem Bombenanschlag von Manchester.

Foto: AP Photo/Rui Vieira

Manchester ist, sagt Andrew Burnham, "die großartigste Stadt der Welt". Dem erst zu Monatsbeginn frischgewählten Bürgermeister der Großregion kann man ein wenig Angeberei in diesen Tagen gut verzeihen, schließlich dient sie einem guten Zweck: Der Labour-Politiker will die 2,8 Millionen Einwohner aufrichten und zusammenführen nach dem Bombenanschlag in der Arena-Konzerthalle, bei dem am Montagabend 22 Menschen ums Leben kamen und mehrere Dutzend teils lebensgefährlich verletzt wurden.

Und so tourt der 47-Jährige durch die Fernsehstudios, nimmt an jeder Gedenkminute teil, ist immer wieder auf dem St.-Ann's-Platz, dem Fokus der gemeinsamen Trauer, präsent. Er sei "so stolz" auf seine Stadt, sagt er dann geduldig zehnmal hintereinander in die hingehaltenen Mikrofone der Weltpresse. Burnham rühmt die Polizei, die Ärzte und Schwestern in den Krankenhäusern, die Taxifahrer, zu guter Letzt auch die beiden Obdachlosen, die in der Arena bei der Erstversorgung schwerstverletzter Mädchen halfen. Ein Bürgermeister als Straßenprediger.

Burnham hat mit seiner holländischen Frau drei Kinder im Teenager-Alter, zwei davon Mädchen. Mit vielen Eltern in der Stadt teilt er eine Erfahrung, die für manche zur tödlichen Falle wurde: "Ich bin selbst schon um die gleiche Zeit in der Arena gewesen, um die Kinder abzuholen." Das verleiht dem erstmals gewählten Bürgermeister der Großregion Manchester eine Glaubwürdigkeit, die sich positiv auf sein neues Amt auswirken dürfte.

Ein Everton-Fan zwischen United und City

Das kann dem Labour-Politiker nur recht sein, schließlich sind Gerangel um die Zuständigkeit für die strategische Planung von Greater Manchester vorprogrammiert. Zwar haben die zehn lokalen Stadtoberhäupter der Einrichtung des Postens zugestimmt, als die konservative Regierung in London darauf drängte. Aber in Burnhams Schatten stehen wollen sie natürlich nur ungern, wie insbesondere der erfahrene Bürgermeister Richard Leese, der die eigentliche Stadt Manchester (530.000 Einwohner) seit 21 Jahren führt. Seine Amtszeit fällt zusammen mit der erstaunlichen Renaissance der Region im Gefolge der IRA-Bombe, die 1996 das Arndale-Einkaufszentrum mitten in der Stadt verwüstete. Geschickt nutzten die Lokalpolitiker damals die Zerstörung einer architektonischen Bausünde, um die Innenstadt mit reichlich Zuschüssen aus London neu zu planen.

Diesmal geht es nach der verheerenden Bombe weniger um die Architektur der Stadt als vielmehr ihren emotionalen Zusammenhalt, nicht zuletzt die Integration der muslimischen Minderheit. Dafür ist der aus Liverpool stammende Literaturwissenschafter Burnham gewiss der geeignete Mann. In der letzten Labour-Regierung war er Kultur- und Gesundheitsminister, in Jeremy Corbyns Schattenkabinett kümmerte er sich zuletzt um die Innenpolitik. Er versteht also immerhin ein wenig von allen wichtigen Politikfeldern, für die sein neuer Posten mindestens teilweise zukünftig zuständig ist. Dass der talentierte Fußballer zudem ein lebenslanger Fan des Liverpooler Clubs FC Everton ist, macht ihm den Umgang mit den Fans der beiden Lokalrivalen United und City einfacher. (Sebastian Borger aus London, 26.5.2017)