Via Twitter und Instagram outete sich Yusaku Maezawa als Käufer des 110-Millionen-Dollar-Basquiat. Eine der Trophäen aus der Sammlung des 41-jährigen japanischen Milliardärs, der ein Museum in Chiba plant.

Foto: Sotheby’s

Die Top Ten der New Yorker Auktionen im Mai 2017.

Keines Menschen Arbeit könne so wertvoll sein. Es sei obszön, dass es Personen gebe, die so viel Geld für ein einzelnes Kunstwerk zu zahlen bereit sind. Das fiele in die Kategorie behördlich genehmigter Geldwäsche. Der Dreijährige habe übrigens erst unlängst ein "ähnliches Krixikraxi aus dem Kindergarten mitgebracht". So weit eine Auswahl der teils auch im STANDARD-Forum üblichen Reaktionen auf acht-, ja neunstellige Kaufpreise, die sich dem Verständnis der Mehrheit der Bevölkerung entziehen.

Das New Yorker Millionenstakkato von vergangener Woche bot hier insofern reichlich Gelegenheit, wie die Top-Einzelergebnisse belegen (siehe Tabelle links).

Der Auftakt war Constantin Brâncusi vorbehalten, für dessen Schlafende Muse Christie's dem Einbringer im Vorfeld eine Preisgarantie erteilt hatte, die sich im Zuge der Impressionist-&-Modern-Art-Abendauktion (16. Mai) innert neun Minuten erübrigen sollte. Der mit Blattgold verzierte Bronzeguss entstand 1913 nach dem marmornen Original von 1909/10, das sich im Bestand des Hirshhorn Museum & Sculpture Garden (Washington) befindet.

Rekord für rumänisch-französischen Bildhauer

Die Taxe hatte sich auf 25 bis 35 Millionen Dollar belaufen, die von mehreren Interessenten überboten wurden. Etwa von der New Yorker Kunsthändlerin Nancy Whyte, die nicht weniger als zwölf Gebote setzte. Vergeblich. Am Ende zog Tobias Mayer, ehemals Sotheby's-Starauktionator, namens eines unbekannten Käufers mit 57,37 Millionen Dollar (inkl. Aufgeld) als Sieger vom Feld. Ein neuer Auktionsrekord für den rumänisch-französischen Bildhauer.

Bislang war er bei 27,4 Millionen Dollar für die Marmorskulptur Oiseau dans l'espace (Christie's New York, 2005) gelegen. 24 Stunden später avancierte dann Cy Twombly zum Star des Abends. Neben Jackson Pollock und Willem de Kooning gehört er zu den bekanntesten Vertretern des amerikanischen Abstrakten Expressionismus. Die jüngst im Centre Pompidou in Paris zu Ende gegangene Retrospektive (bis 24. April) hatte sich dementsprechend regen Besucherandrangs erfreut.

Seit Twomblys Tod im Jahr 2011 verzeichnet der internationale Kunstmarkt eine steigende Nachfrage nach seinen Werken. Den vorläufigen Höhepunkt notierte man 2015, als sich 76 Auktionszuschläge auf etwas mehr als 196 Millionen Dollar netto (exklusive Aufgeld) summierten.

Es nähme nicht wunder, würde dieser Wert im laufenden Geschäftsjahr übertroffen. Derzeit hält man bei rund 64 Millionen Dollar aus 26 Verkäufen. Darin sind bereits jene 47 Millionen Dollar Meistbot (Kaufpreis 52,88 Millionen Dollar) inkludiert, mit denen sich Kunsthändler Larry Gagosian für Leda mit dem Schwan (1962) gegen fünf Konkurrenten durchsetzte. Der höchste im Rahmen der Post-War-&-Contemporary-Art-Abendauktion bei Christie's (17. April) erteilte Zuschlag, der einige Twombly-Besitzer – in der Hoffnung auf gleichartige Höhenflüge – zu Verkäufen bei den Herbstauktionen motivieren dürfte.

110,5 Millionen Dollar für Basquiat

Auf den zweiten Platz hievte ein anonymer Käufer Francis Bacons (1909–1992) allererste Serie an Porträts (1963) seines Langzeitliebhabers George Dyer mit 51,76 Millionen Dollar. Das Triptychon war einst in der Sammlung des britischen Schriftstellers Roald Dahl (1916–1990) beheimatet, der zu den frühen Bewunderern Bacons gehörte.

Für Christie's war es eine der erfolgreichsten Auktionsserien seit langem: Nach sechs Auktionen summierten sich 665 Besitzerwechsel auf ein Wochentotal von rund 842 Millionen Dollar. Kontrahent Sotheby's notierte nach ebenso vielen Sitzungen rund 636 Millionen Dollar. Immerhin darf man sich den höchsten Zuschlag der ersten Jahreshälfte an die Fahnen heften: 110,5 Millionen Dollar die der japanische Milliardär Yusaku Maezawa für Jean-Michel Basquiats unbetiteltes Gemälde von 1982 mit dem charakteristischen Totenkopfmotiv zu berappen bereit war. In der Wahrnehmung mancher quasi unerhört. (Olga Kronsteiner, 27.5.2017)