Es sei "nicht fair", richtete Trump den Nato-Partnern erneut aus, dass diese die vereinbarten Reformen nicht einhielten – vor allem die Verpflichtung, zwei Prozent des BIPs für Militärausgaben vorzusehen.

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Die Stimmung war nicht durchgehend so gut wie bei der Begrüßung. Donald Trump gab bei seinen Forderungen nach mehr Geld kaum nach.

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Blau, das ist nicht nur die Leitfarbe der EU. Ein dunkles Marineblau, das ist auch der Farbcode, den das transatlantische Militärbündnis in der Flagge verwendet – und gerne bei großen Auftritten. Solch einen blauen Farbrausch aber, wie er am Donnerstag auf dem Nato-Gipfel zur Eröffnung des neuen Hauptquartiers in Brüssel zur Schau gestellt wurde, hat man selten gesehen.

Das Bündnis – vom Präsidenten des mit Abstand wichtigsten Partnerlandes USA im Jänner salopp als "obsolet", veraltet, überflüssig, bezeichnet – schien fast nach Selbstbestätigung zu schreien. Das Wetter half mit: Bei strahlend blauem Himmel schritten die 28 Staats- und Regierungschefs feierlich über einen blauen Teppich, durch blaue Stellwände.

Und Trump, dessen Auftritt bei seinem ersten Nato-Gipfel die Partner entgegenbangten, trug an diesem Festtag neben Belgiens König Philippe eine blaue Krawatte.

Auf dem Weg zum Nato-Gruppenfoto schob Donald Trump Mazedoniens Premier Duško Marković beiseite.

Das neue Hauptquartier wurde gleich vis-à-vis dem alten "Baracken"-Komplex nahe dem Flughafen errichtet, ein gewaltiger Glaskomplex für eine Milliarde Euro. "Ich frage nicht, was es kostete, es ist schön", witzelte Trump.

Superkurzes Treffen

Sieben Bürogebäude mit mehr als 240.000 Quadratmeter Arbeitsflächen greifen wie riesige Finger ineinander. Wo sie zusammenstoßen, hat der Architekt eine lange Halle geplant, einer Kathedrale gleich. Dies sei Ausdruck einer gefestigten Einigkeit der Partner und ihrer entschlossenen Anstrengungen, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Vor dem Haupteingang wurde ein Teil der Berliner Mauer aufgestellt, als Erinnerung daran, dass Europa im Kalten Krieg geteilt war, wie die deutsche Kanzlerin Angela Merkel erklärte.

Am Abend erklärte Stoltenberg, er vertraue auf die Bündnistreue der USA. So habe die Trump-Regierung erst am Mittwoch beschlossen, die Verteidigungsausgaben für Operationen in Europa deutlich zu steigern.

Das Treffen wurde mit Rücksicht auf Trump so kurz wie möglich gehalten, ohne Schlusserklärung. Bei einem informellen Dinner wollten sich die Regierungschefs über aktuelle Probleme unterhalten, allen voran die Bedrohung durch den Terrorismus.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit einer Körpertäuschung. Statt zuerst Trump die Hand zu schütteln, geht er dann doch zunächst zu Angela Merkel, Nato-Chef Jens Stoltenberg und zum Gastgeber, Belgiens Premier Charles Michel.

Zuvor hatte der US-Präsident eine Stahlplastik zum Gedenken an die Anschläge von 9/11 in den USA im Jahr 2001 "eingeweiht". Die Anschläge hatten damals den ersten und bisher einzigen Bündnisfall nach Artikel 5 der Nato-Charta ausgelöst – den Beistand. Dieser Artikel 5 als Kern der Allianz sollte in einem Schwur erneuert werden.

Terror sei "das Böse", dem wir gegenüberstünden, sagte Trump in einer Rede. Er rief dazu auf, in einem neuen Bündnis gegen den Terror zusammenzustehen. Er legte eine Gedenkminute für die Opfer des Anschlags in Manchester am Dienstag ein.

Gedenken an Manchester

Im Vorfeld hatte der Nato-Rat bereits den Beitritt der Nato als Organisation zur internationalen Allianz gegen den Terror des "Islamischen Staates" (IS) beschlossen. Das Bündnis wird sich nicht direkt an Kampfhandlungen beteiligen, so Stoltenberg, aber die Partner unterstützen. An der Anti-IS-Allianz beteiligen sich unter anderem die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Das gemeinsame Engagement der Nato-Staaten gegen den Terror wirkt wie ein Kitt für das Bündnis.

Beim Kampf gegen den Terror ergeben sich auch unzählige Schnittpunkte zur EU, die selbst über keine gemeinsame Armee verfügt. Aber die meisten und wichtigsten EU-Staaten sind auch gleichzeitig in der Nato. Der französische Präsident Emmanuel Macron erklärte nach einem Treffen mit Belgiens Premier Charles Michel, dass man noch viel enger zusammenarbeiten müsse, auch auf Geheimdienstebene. Trump nutzte den Nato-Gipfel, um die Partner dringend an die vereinbarten Reformen zu erinnern, insbesondere die Verpflichtung, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Militärausgaben in nationalen Haushalten vorzusehen. "23 von 28 Staaten erfüllen das nicht. Das ist nicht fair. Wir müssen diese vielen verlorenen Jahre wettmachen. Zwei Prozent sind das karge Minimum, um den sehr realen und sehr scheußlichen Bedrohungen von heute entgegenzutreten", erklärte der US-Präsident. Angesichts drohender Gefahren sei die Unterfinanzierung nicht akzeptabel.(Thomas Mayer aus Brüssel, 25.5.2017)