Datenschützer befürchten mehr Überwachung durch die elektronische ID

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Datenschützer protestieren gegen die Pläne von Kanzleramt und Innenministerium, die Bürgerkarte zum "Elektronischen Identitätsnachweis" (E-ID) auszubauen. Kritik gibt es vor allem an der Datenmenge sowie der befürchteten Beobachtbarkeit des Nutzerverhaltens, heißt es in den Begutachtungs-Stellungnahmen. Finanzministerium, Länder und Städte machen Bedenken wegen drohender Zusatzkosten geltend.

Grundsätzlich geht es beim geplanten Gesetz um die Umsetzung einer EU-Verordnung: Die diversen elektronischen Ausweise der einzelnen Mitgliedsländer sollen auch in allen anderen EU-Staaten gelesen werden können. Dafür wird die Bürgerkarte zum "Elektronischen Identitätsnachweis" (E-ID) ausgebaut. Dieser soll bei Bedarf unterschiedliche, bei den Behörden vorliegende Dokumente (wie Führerscheine, Staatsbürgerschaftsnachweise oder Meldebestätigungen) abrufen können.

"Generell abzulehnen"

Kritik gibt es von Epicenter.works (vormals AKVorrat): Die Einführung eines E-ID-Systems, das eine zentrale Beobachtbarkeit des Nutzerverhaltens innerhalb des Systems ermöglicht, sei generell abzulehnen, heißt es in der Stellungnahme. Dies gelte umso mehr in Zeiten eines "fortschreitenden Überwachungsstaats". Die Organisation fordert daher eine Prüfung, inwieweit die Maßnahme mit dem Grundrecht auf Datenschutz im Einklang steht.

In die selbe Kerbe schlägt der Chaos Computer Club Wien (C3W). "Der Ministerialentwurf ermöglicht die Schaffung einer vollständigen Überwachungsstruktur, wie es eines demokratischen Staates unwürdig ist", heißt es in der Stellungnahme. Der Ministerialentwurf entspreche daher "eindeutig nicht den europäischen Grundwerten und wirkt wie der Versuch, das Schutzniveau der kommenden Datenschutzgrundverordnung kurz vor deren Inkrafttreten zu unterlaufen, sowie staatsnahen Unternehmen neue Geschäftsfelder zu eröffnen".

"Voraussetzung für das Funktionieren"

Eine Notwendigkeit sieht der Datenschutzrat in der Einrichtung eines elektronischen Identitätsnachweises (E-ID). "Der Schutz digitaler Identitäten ist zentrale Voraussetzung für das Funktionieren eines digitalen europäischen Binnenmarktes", wird in der Stellungnahme argumentiert. Zu prüfen sei der zukünftige Einsatz von "Blockchain" – einer Art Manipulationssicherung – zum Schutz der "digitalen (virtuellen) Identität".

Finanzielle Mehrkosten befürchten die Länder, weil die Registrierung für den elektronischen Ausweis bei den Passbehörden erfolgen soll – und zwar sowohl in der IT als auch im Personalbereich. Niederösterreich, Vorarlberg, die Steiermark und Tirol sowie der Städtebund fordern daher die Abgeltung dieser Kosten durch den Bund. Außerdem will die Steiermark wissen, ob wirklich beabsichtigt ist, bei der Bestellung eines Reisepasses zwangsläufig auch eine elektronische ID zu vergeben.

Kein Zusatzbudget

Das Finanzministerium weist Kanzleramt und Innenministerium darauf hin, dass sie die Kosten für die Umsetzung des Systems allein zu tragen hätten. "Eine budgetäre Zusatzdotierung hierfür ist ausgeschlossen", heißt es in der Stellungnahme fett und unterstrichen.

Die Wirtschaftskammer bemängelt, dass die Registrierung lediglich durch die Passbehörde erfolgen soll und plädiert dafür, dies auch qualifizierten Vertrauensdiensteanbietern zu ermöglichen. Die über Jahre aufgebaute Registrierungsstellen-Infrastruktur wäre somit "weitgehend hinfällig". In die entgegengesetzte Richtung geht das Bundesrechenzentrum, das gerne alleiniger "Vertrauensdienstanbieter" für den elektronischen Ausweis wäre – und dabei auch vom Finanzministerium unterstützt wird. (APA, 25.5.2017)