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Der Kühlturm des Atomkraftwerkes Leibstadt am Rhein: Die Schweizer Anlage steht wegen technischer Probleme seit Monaten still.

Foto: AP / Rothemmel

Sechs Jahre nach Fukushima ist nun auch politisch klar: In der Schweiz hat die Atomkraft ausgedient. Die Schweiz setzt in Zukunft auf mehr erneuerbare Energien und auf Energieeffizienz statt auf Kernenergie. Die Grünen feiern dies als "großartigen Erfolg", während die SVP und einige liberale Politiker vor Versorgungslücken und hohen Kosten warnen.

Mit 58 Prozent Ja-Stimmen (Wahlbeteiligung 42,3 Prozent) hat das Schweizer Volk deutlicher als erwartet für die Energiewende votiert. Die christdemokratische Schweizer Energie- und Verkehrsministerin Doris Leuthard hat damit eine klare Mehrheit für die künftige Energiepolitik gefunden.

"Das Resultat zeigt, dass unsere Bevölkerung eine neue Energiepolitik und keine neuen Kernkraftwerke will", sagte Leuthard nach gewonnener Abstimmung. Wichtig sei es nun, sich für bessere Bedingungen für die Wasserkraft einzusetzen. Denn diese leidet besonders unter den europaweit tiefen Strompreisen: Derzeit sei es billiger, Dreckstrom aus osteuropäischen Kohlekraftwerken einzukaufen, anstatt sauberen Strom aus Schweizer Wasserkraftwerken zu produzieren.

Angst vor hohen Kosten

Aufseiten der Gegner fürchtete man sich vor allem vor steigenden Kosten. "Es entsteht eine neue Subventionsmaschinerie von 1,3 Milliarden Franken", warnt der liberale Abgeordnete Christian Wasserfallen, einer der Wortführer der Gegner. "Und dies, ohne dass man damit die Stromversorgung nach dem Atomausstieg wirklich gesichert hat. Im Winterhalbjahr haben wir eine drohende Versorgungslücke", ist der gelernte Maschinenbauingenieur überzeugt.

Der gewichtige Industrieverband Swissmem hatte das Energiegesetz denn auch zur Ablehnung empfohlen – im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsorganisationen wie dem Bauern- und dem Gewerbeverband oder dem Verband Swisscleantech, in dem sich innovative Kleinunternehmen zusammengeschlossen haben, um sich für eine nachhaltigere Wirtschaft einzusetzen.

Die Vorsitzende der Schweizer Grünen, Regula Rytz, bezeichnete die deutliche Annahme des Energiegesetzes im Schweizer Rundfunk SRF hingegen als großartigen Erfolg und sprach von einer historischen Weichenstellung. Nun müssten die alten Schweizer Kernkraftwerke so rasch wie möglich vom Netz.

Doch bis es so weit kommt, könnte es noch viele Jahre dauern. Denn das neue Gesetz sieht vor, dass die Atommeiler in Betrieb bleiben, solange sie von der Aufsichtsbehörde als sicher beurteilt werden. Es gibt also kein fixes Ausstiegsdatum. Allerdings hat der Stromkonzern BKW bereits beschlossen, sein Atomkraftwerk Mühleberg bei Bern 2019 außer Betrieb zu nehmen. Zudem stehen in Beznau und Leibstadt zwei weitere der fünf Schweizer Kernkraftwerke schon seit Monaten still – wegen technischer Probleme. Ob Beznau 1, das älteste Atomkraftwerk der Welt mit Baujahr 1969, je wieder ans Netz gehen wird, ist offen.

Neben dem Atomausstieg sieht das neue Schweizer Energiegesetz noch weitere Maßnahmen vor: Gebäudesanierungen zum Energiesparen sollen gefördert werden. Es wird schärfere Vorschriften für Elektrohaushaltsgeräte wie Kühlschränke oder Kochherde geben, und die Grenzwerte für den Treibstoffverbrauch der Autos werden sinken.

Hier gibt es freilich noch großen Spielraum für Verbesserungen. Denn die Schweizer Autoflotte verbraucht aufgrund ihres hohen Anteils an großen, schweren und durstigen Allradvehikeln wie hochmotorisierten Sportwagen deutlich mehr Benzin und stößt damit auch mehr CO2 aus, als der Verkehr im übrigen Europa. (Klaus Bonanomi, 22.5.2017)