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Proteste in Brasilia.

Foto: Reuters/Kelly

Brasilia – Der brasilianische Staatschef Michel Temer gerät immer stärker unter Druck: Er soll laut Unterlagen der Generalstaatsanwaltschaft in seiner Zeit als Vizepräsident Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen haben, wie am Freitag bekannt wurde.

Die Justiz wirft Temer zudem vor, die Ermittlungen im größten Korruptionsskandal des Landes behindert und Schweigegeldzahlungen gebilligt zu haben. Für das Wochenende wurden neue Massendemonstrationen gegen den 76-Jährigen erwartet.

Aus den Dokumenten von Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot geht hervor, dass Temer im Jahr 2014 als Vizepräsident von dem brasilianischen Fleischkonzern JBS mit 15 Millionen Real (4,2 Millionen Euro) bestochen worden sein soll. Die Gelder seien als Gegenleistung für "Gefälligkeiten" an Temer geflossen, hieß es in Zeugenaussagen. Die neuen Vorwürfe wurden im Zuge eines Strafverfahrens gegen den Chef des Fleischkonzerns, Joesley Batista, laut.

Dabei sagten JBS-Manager zudem aus, dass ihr Unternehmen rund 150 Millionen Dollar (135 Millionen Euro) in schwarze Wahlkampfkassen des früheren brasilianischen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva und seiner im August entmachteten Amtsnachfolgerin Dilma Rousseff gezahlt habe. Im Laufe von neun Jahren seien die Gelder auf Auslandskonten eingezahlt worden.

Schweigegeldzahlungen

Gegen Temer hatte Brasiliens Oberstes Gericht am Donnerstag Ermittlungen genehmigt. Die Justizbehörden veröffentlichten einen heimlichen Mitschnitt eines Gesprächs, in dem Temer Schweigegeldzahlungen an den inhaftierten ehemaligen Parlamentspräsidenten Eduardo Cunha zugestimmt haben soll. Cunha soll über umfassendes Wissen zu den Beteiligten in dem Korruptionsskandal namens "Lava Jato" (Autowäsche) verfügen.

Die Ermittlungen zu dem Skandal laufen bereits seit 2014. Dabei geht um Schmiergeldzahlungen bei der Auftragsvergaben von Konzernen in Millionenhöhe. Verwickelt sind große Teile der politischen und wirtschaftlichen Elite des Landes, unter anderem auch der staatliche Ölkonzern Petrobras.

Temer hatte am Donnerstag erneut alle Vorwürfe zurückgewiesen und erklärt, er werde bis zum Ende seines Mandats im Amt bleiben. Seitdem hat er sich öffentlich nicht mehr geäußert. Die einflussreiche Zeitung "O Globo" fordert den Rücktritt des Präsidenten.

Auch die brasilianischen Gewerkschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft wollen noch einmal den Druck erhöhen. Sie haben für Sonntag erneut zu Massenprotesten gegen Temer aufgerufen. Bei früheren Demonstrationen gegen die Regierung des umstrittenen Präsidenten kam es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Aktivisten und der Polizei. (APA, 20.5.2017)