Ebrahim Raisi will den Iranern "Würde" und "Identität" zurückgeben.

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Die Kampagne von Ebrahim Raisi ist in grün gehalten – obwohl die Farbe politisch eigentlich von den Gegnern Mahmud Ahmadi-Nejads schon besetzt ist.

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Grün als politische Farbe ist im Iran eigentlich schon besetzt: 2009 wollte die "grüne Bewegung" die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad nicht akzeptieren und wurde zur Protestplattform gegen das System. Acht Jahre danach holen sich die Konservativen die Farbe des Islam wieder zurück: Die Kampagne ihres Präsidentschaftskandidaten 2017, Ebrahim Raisi, ist in grün gehalten.

Raisi ist der einzige ernsthafte Herausforderer von Amtsinhaber Hassan Rohani, der in den Umfragen zwar vorne liegt, aber seine Wiederwahl keineswegs in der Tasche hat. Raisi, im Dezember 1960 in Mashhad geboren, ist ein mächtiger Mann. 2016 machte Religionsführer Ali Khamenei den islamischen Juristen zum Chef der milliardenschweren "Astan Quds Razavi"-Stiftung, die den Schrein des sechsten Imams, Reza, in Mashhad verwaltet. Da wird nicht nur gebetet, das ist ein Firmenimperium mit Zehntausenden Angestellten.

Vorher war Ebrahim Raisi auch im Iran kein sehr bekannter Name, seither gilt er sogar als Tipp für die Khamenei-Nachfolge. Auch dieser war Präsident, bevor er 1989 den verstorbenen Khomeini beerbte.

Dunkles Stück Zeitgeschichte

Und so ist es wohl kein Zufall, dass kurze Zeit nach der Ernennung Raisis zum Razavi-Chef den Iranern und Iranerinnen ein dunkles Stück Zeitgeschichte vorgesetzt wurde. Im August 2016 wurde ein Tondokument veröffentlicht, auf dem der 2009 verstorbene Ayatollah Hossein Ali Montazeri zu hören ist: "Eure Namen werden als jene von Kriminellen in die Geschichte geschrieben werden." Montazeri, der sich deswegen mit Khomeini überwarf, nannte 1988 vier Schuldige für die Massenhinrichtungen an politischen Gefangenen, dem laut Montazeri "größten Verbrechen in der Islamischen Republik": Einer davon war Raisi, damals Vizestaatsanwalt. Raisi hat sich zu den Vorwürfen niemals geäußert, anders als Rohanis Justizminister Mostafa Purmohammadi, der ebenfalls genannt wurde und der seine Teilnahme bestritt.

Für Raisi sind die Ereignisse wohl Teil der Revolutionsgeschichte – so wie die aktuellen Wahlen, mit denen er den Iranern "Würde" und "Identität" zurückgeben will. Das verspricht eine Rückkehr zur unter Rohani aufgebrochenen Engführung. Aus dem Reformlager wird als Hauptargument gegen Raisi angeführt, dass er keine politische Erfahrung habe, in internationaler Politik schon gar nicht. Aber die hatte Khamenei auch nicht, als er 1981 Präsident wurde. (Gudrun Harrer, 19.5.2017)