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Harren auf ein Urteil der Richter vor dem Verfassungsgericht in Johannesburg: Anhänger der Opposition warten darauf, ob die Abgeordneten geheim über die Absetzung Zumas abstimmen dürfen.

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Gewählt ist ein Präsident schnell, meist bereits an einem Tag. Ihn wieder loszuwerden, kann dagegen wesentlich zeitaufwendiger werden, wie die Südafrikaner dieser Tage, Wochen, Monate und Jahre erfahren müssen. Obwohl Jacob Zuma seinen Kredit bei einer Mehrheit der Bevölkerung längst verspielt hat, bleibt der Weltmeister im Skandaleschaffen weiterhin in Amt und Würden. Verzweifelte Technikfreaks haben bereits Computerspiele entworfen, in denen man den 75-Jährigen aus seinem Sessel bugsieren kann, sowie Apps, die das Wort "Zuma" aus allen elektronisch gespeicherten Texten purzeln lassen. Solche Spielereien lassen den kahlköpfigen Machiavellisten allerdings kalt: Seine Manöver zur Rettung der eigenen Haut werden nur noch schonungsloser.

Fast täglich fordern Südafrikaner irgendwo im Land den Rücktritt des Präsidenten oder ziehen Oppositionsparteien vor Gericht, um gegen eine seiner Verfügungen oder Unterlassungen zu klagen. Derzeit brüten die Richter des Verfassungsgerichts über der Frage, ob die Abgeordneten beim bevorstehenden Misstrauensvotum im Parlament geheim abstimmen dürfen oder ihre Identität verraten müssen. Nach Auffassung der Opposition hängt davon ab, ob sich genügend Mitglieder des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) hinter den Abwahlantrag stellen, denn auch die Zahl der Abgeordneten der Regierungspartei, die Zumas Rücken sehen wollen, nimmt zu.

Die Renegaten setzen allerdings ihre Karriere und womöglich sogar ihr Leben aufs Spiel, wenn sie sich öffentlich gegen den Parteichef stellen. Selbst wenn die Richter eine geheime Wahl anordnen sollten, gilt Zumas Abwahl im Parlament jedoch als eher unwahrscheinlich. Das Ehrgefühl der "Comrades" erlaube es ihnen nicht, mit der verhassten Opposition gemeinsame Sache gegen den eigenen Parteichef zu machen, heißt es in der ANC-Fraktion: selbst wenn das Land dadurch immer tiefer in den Schlamassel gerät.

Ramsch-Status

Schon nach dem jüngsten Skandal Zumas – der Absetzung des angesehenen Finanzministers Pravin Gordhan – reagierten zwei der drei großen Ratingagenturen erwartungsgemäß unbarmherzig: Sie stuften ihre Investitionsempfehlung für das Kap der Guten Hoffnung zum ersten Mal seit der politischen Wende 1994 auf den Ramsch-Status herab. In dieser Woche wird auch das Urteil der dritten Agentur, Moody's, erwartet: unwahrscheinlich, dass deren Einschätzung anders als die der Konkurrenz ausfällt. Zumas Machenschaften – vor allem seine toxische Freundschaft mit der reichen, indischstämmigen Gupta-Familie – haben Südafrika bereits Milliarden von Dollar gekostet: durch korrupte Verträge, ausbleibende Investitionen, den Sturz der Währung und immer teurer werdende Schulden.

Statt dass Zuma und Co dadurch zu vorsichtigerem Vorgehen angehalten würden, nimmt ihre Kaltschnäuzigkeit immer mehr zu. Brian Molefe, ehemaliger Chef des staatlichen Stromkonzerns Eskom, der wegen seiner Nähe zu den Guptas den Hut nehmen musste, wurde Anfang dieser Woche wieder eingesetzt: Eigentlich wollte ihn Zuma sogar zum Finanzminister machen, hätte die eigene Partei ihn nicht daran gehindert. Molefes Bedeutung für Zuma hat mit dem angestrebten Kauf von sieben russischen Atomkraftwerken zu tun, von dem sich der Präsident und die Gupta-Familie fette Schmiergelder und Milliardengewinne versprechen: Denn gemeinsam mit einem Sohn des Präsidenten betreibt die indische Familie die einzige Uranmine auf dem Kap.

Kampf um Parteiführung

Dass ein Gericht den Regierungsbeschluss zum Kauf der Atomkraftwerke wegen Verfahrensmängel kassierte, hindert Zumas Kabinett nicht daran, das Projekt weiterzubetreiben: Ohne den Atomkritiker Gordhan und mit Molefe als Eskom-Chef sind die Signale auf Grün gestellt.

Zuma hat noch ein halbes Jahr als Partei- sowie zwei Jahre als Staatschef Zeit, um seine Schäfchen ins Trockene zu bringen und auszuschließen, dass er nach seiner Amtszeit hinter Gittern verschwindet – schließlich könnte jederzeit wieder ein Korruptionsverfahren mit 783 Anklagepunkten gegen ihn aufgenommen werden. Für seine Straffreiheit soll seine erste Frau Nkosazana Dlamini Zuma sorgen, die ihrem Exmann schon allein der gemeinsamen vier Kinder wegen verpflichtet ist: Am Wochenende schlug der belagerte Präsident die ehemalige Kommissionspräsidentin der Afrikanischen Union offiziell als seine Nachfolgerin vor. Der Kampf um die künftige Parteiführung ist bereits in vollem Gang. (Johannes Dieterich aus Johannesburg, 17.5.2017)