Weil es keine flächendeckenden Gesamtkassenverträge gibt, schlummerte die Ärzte-GmbH bisher im Dornröschenschlaf. Das neue Gesetz für Primärversorgungszentren könnte das ändern.

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Wien – Die GmbH ist im Wirtschaftsleben eine sehr beliebte und häufig verwendete Gesellschaftsform. Bei freiberuflichen Berufsgruppen sehen berufsrechtliche Sonderregelungen fallweise Beschränkungen vor, weshalb die GmbH nicht für alle Berufsgruppen uneingeschränkt zur Verfügung steht. Dies war lange auch bei Ärzten der Fall, die eine Gruppenpraxis zunächst nur in der Form einer Offenen Gesellschaft (OG) führen durften.

Seit dem Jahr 2010 steht den niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten auch die GmbH als Gesellschaftstyp für die Gründung einer Gruppenpraxis offen. Man würde erwarten, dass diese vor mittlerweile mehr als sechs Jahren eingeführte gesetzliche Erweiterung zu einem Anstieg der Ärzte-GmbHs bei neugegründeten Gruppenpraxen geführt hat. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die GmbH wird von Ärzten kaum benutzt, sie befindet sich vielmehr in einem rechtlichen Dornröschenschlaf.

Der Grund für die Zurückhaltung dürfte nicht darin liegen, dass die GmbH keine geeignete Gesellschaftsform für eine Gruppenpraxis wäre, sondern ist auf das Fehlen flächendeckender Gesamtkassenverträge zurückzuführen. Das Vorliegen eines Gesamtkassenvertrags in einem Bundesland ist nämlich eine der Voraussetzungen für die Zulassung einer Gruppenpraxis-GmbH von Wahlärzten. Gibt es also in einem Bundesland keinen entsprechenden Gesamtkassenvertrag, bekommt eine Wahlgruppenpraxis in Form einer GmbH in der Regel keine Zulassung.

Engere Zusammenarbeit

Die jüngste Gesetzesinitiative des Gesundheitsministeriums zur Schaffung rechtlicher Grundlagen für Primärversorgungseinheiten (PVE) könnte die Ärzte-GmbH nun wachküssen.

Zukünftig sollen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte besser und intensiver mit anderen Berufsgruppen aus dem Gesundheitsbereich, wie etwa Pflege, Physiotherapie, Sozialarbeit oder Ernährungsberatung, zusammenarbeiten und nach außen als Einheit auftreten. Die neu geschaffenen Primärversorgungseinheiten sollen vor allem helfen, Patientenanzahlen in den Spitalsambulanzen zu reduzieren, indem sie sich im Bewusstsein der Patienten als echte Alternativen zu Spitalsambulanzen verankern.

Mit dem neuen Gesetz werden keine neuen Organisations- oder Gesellschaftsformen geschaffen. Die Gründung von Primärversorgungseinheiten soll durch die Benützung bereits existierender Gesellschaftsformen erfolgen. Damit könnte die GmbH für niedergelassene Ärzte bei Gründung einer Primärversorgungseinheit in der Form einer Gruppenpraxis als Gesellschaftsform zukünftig interessant werden.

Die Errichtung einer Primärversorgungseinheit muss aber nicht zu einer Gesellschaftsgründung führen. Es könnten sich Einzelordinationen auch in einem bloßen Netzwerk zusammenschließen, um dadurch die erforderlichen betrieblichen Organisationsstrukturen für eine Primärversorgungseinheit zu schaffen.

Begrenzung der Haftung

Der zentrale Vorteil der Ärzte-GmbH liegt in der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung. Für Kunstfehler haftet zunächst die Ärzte-GmbH, allenfalls kann eine persönliche Haftung des jeweils behandelnden Arztes hinzutreten. Die übrigen Ärzte der Gruppenpraxis-GmbH sind aber grundsätzlich vor der Haftung für Fehler des behandelnden Arztes geschützt.

Der Vorteil der Begrenzung der Haftung für eigenes Handeln ergibt sich aus dem Vergleich der Haftungslage bei Gruppenpraxen, die in Form einer OG organisiert sind, weil dort Ärzte als persönlich haftende Gesellschafter mit dem eigenen (privaten) Vermögen auch für den Behandlungsfehler des Arztkollegen haften können. Da eine Primärversorgungseinheit die ambulante Versorgung an einem Ort sicherstellen soll (One-Stop-Shop), kann es durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit zusätzlich zu einem erhöhten Interesse an einer wirksamen Haftungs- und Risikoabgrenzung kommen.

Ein anderer Vorteil der GmbH liegt darin, dass sie selbst Berufsträgerin ist, also sämtliche Verträge – vor allem Behandlungsverträge mit Patienten – mit der GmbH abgeschlossen werden und nicht, wie bei einem Netzwerk, ein "Bündel an Verträgen" mit unterschiedlichsten Netzwerkpartnern entsteht.

Für die konkrete Gestaltung der Zusammenarbeit in einer Primärversorgungseinheit wird letztlich auch entscheidend sein, ob es zukünftig möglich sein wird, Ärzte anzustellen. Die Anstellung von Ärzten in einer Gruppenpraxis ist aktuell rechtlich nicht möglich, der aktuelle Gesetzesentwurf schweigt zu diesem Thema. (Martin Wiedenbauer, 15.5.2017)