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Am Mittwoch wurde in Prag gegen Zeman und Babis demonstriert.

Foto: Reuters/Cerny

Prag – Der Ausweg aus der Regierungskrise in Tschechien könnte ein rekonstruiertes Kabinett sein, in dem weder der Chef der Protestbewegung Ano, Finanzminister Andrej Babis, noch der Premier und Chef der Sozialdemokraten (CSSD), Bohuslav Sobotka, vertreten wären. Diese Variante schlug Staatspräsident Milos Zeman den Vorsitzenden der Koalitionsparteien bei einem Krisentreffen am Mittwochabend vor.

Die Parteichefs sollen darüber nachdenken, bis Zeman nächste Woche von seinem Besuch in China, zu dem er am heutigen Donnerstagabend abfliegt, zurückkehrt. Thema des Gesprächs bei dem Krisentreffen waren auch vorzeitige Parlamentswahlen, allerdings lehnten die Parteichefs solche ab. Der von Zeman schon früher festgelegte Termin der planmäßigen Wahlen – 20. und 21. Oktober – bleibt also gültig.

Treffen in Liberec

Das Treffen Zemans mit den Koalitionsspitzen fand in einem Hotel im nordböhmischen Liberec (Reichenberg) statt. Zeman hielt sich dort zu einem offiziellen Besuch der Region auf. An dem Treffen nahmen Babis, der Vizepremier und Chef der Christdemokraten (KDU-CSL), Pavel Belobradek, und Innenminister Milan Chovanec teil. Sobotka war nicht dabei, weil Zeman die Einladung etwa 15 Minuten vor dem Abflug des Regierungschefs zu einem geplanten zweitägigen Besuch in Luxemburg ausgesprochen hatte. Tschechische Medien vermuten dahinter eine Absicht Zemans, dessen Beziehungen zu Sobotka seit Jahren angespannt sind.

Als das Treffen in Liberec stattfand, nahm das Abgeordnetenhaus bei einer Sondersitzung am Mittwochabend nach einer heftigen Debatte einen Beschluss an, in dem steht, dass Babis "wiederholt gelogen" und seine Medien "missbraucht hat". Dem Ano-Chef und Unternehmer wird in einer anderen Affäre vorgeworfen, die Berichterstattung seiner Medien zum Nachteil anderer Parteien persönlich beeinflusst zu haben. Babis ist Besitzer der Chemie- und Nahrungsmittel-Holding Agrofert, zu der auch die Zeitungen "Mlada fronta Dnes" und "Lidove noviny" sowie der Rundfunksender mit der höchsten Hörerquote, "Impuls", gehören.

Außerdem wird Zeman in dem Parlamentsbeschluss aufgefordert, die "Verfassung einzuhalten". Damit spielten die Abgeordneten auf den bisherigen Unwillen des Staatschefs an, Babis abzuberufen, wie es Sobotka zum Termin 9. Mai gefordert hatte. (APA, 11.5.2017)