Der Österreichische Integrationsfonds hat 2009 eine Million Euro vom Stadterweiterungsfonds bekommen – beide hatten den gleichen Chef.

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Wien – In den Causen Wiener Stadterweiterungsfonds und Österreichischer Integrationsfonds (ÖIF) ist die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nach wie vor am Ermitteln. Der Vorhabensbericht zum Stadterweiterungsfonds ist diese Woche wieder bei der WKStA gelandet; die Behörde hat die Weisung bekommen, vier Beschuldigte noch einmal zu vernehmen. In diesem Fall wirft die WKStA u. a. dem Exgeschäftsführer (führte zeitgleich auch den ÖIF) Untreue vor; er habe Immobilien am Wiener Heumarkt zu billig verkauft und widmungswidrige Schenkungen getätigt. Der damalige Fondschef bestreitet; für die Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung. Die Fonds waren damals dem Innenministerium unterstellt, das stellte auch die wichtigsten Mitglieder der Aufsichtsgremien ("Kuratorium").

Unterlagen aus dem Akt ist zu entnehmen, wie der Verkaufserlös aus dem Areal des Wiener Eislaufvereins am Heumarkt 2008 verwendet wurde – und wie das Kuratorium damit umging. In einer Kuratoriumssitzung Mitte 2008 erklärte der Chef des Stadterweiterungsfonds (1857 gegründet, bis zur Satzungsänderung 2009 diente er nur der Finanzierung von Bauten in der Innenstadt) laut Protokoll, wie die Verkaufserlöse zu verwenden seien. Und zwar "entsprechend dem Geist des Stifters (also Kaiser Franz Josephs; Anm.) ... für Projekte, die bauliche oder andere Maßnahmen für die Innere Stadt und ihre Vorstädte fördern." Unterstützung könne auch "über Zuwendungen an Institutionen geleistet werden, die diesen Zwecken im Rahmen ihrer Arbeit entsprechen und dienen". Als Beispiele nannte der Fondschef: Einrichtungen des Bundes, anerkannte Religionsgesellschaften, diverse Vereine. Selbst Nicht-Wiener Institutionen könnten gefördert werden, "wenn aus ihren Projekten eine nachhaltige positive Wirkung" für Wien entstehe.

Geld für Fonds der Exekutive

Eine Interpretation, die das Kuratorium teilte. So beschloss es etwa "die Förderung des Wohlfahrtsfonds für die Exekutive des Bundes". Was der macht, erklärte die spätere Innenministerin Johanna Mikl-Leitner 2015 so: Der Fonds "hat den Zweck a) an Kinder von Exekutivangehörigen ... an der Theresianischen Akademie des Bundes ... Stipendien zu gewähren, b) Beihilfen zu gewähren an Mitglieder der Exekutive, die infolge einer Verletzung oder Erkrankung im Dienst in Notlage geraten sind, c) an Hinterbliebene der genannten Personen Beihilfen zu gewähren." Der Wohlfahrtsfonds bekam 100.000 Euro, genau so viel wie der Wohlfahrtsfonds der Bundespolizei und der Gendarmeriejubiläumsfonds. In allen drei Fällen erfolgte die "Information" über jenen Sektionschef im Innenministerium, der dem Kuratorium vorstand.

Geld für den ÖGB

Bedacht wurde auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB), mit 250.000 Euro für Renovierungsarbeiten. Ebenfalls 250.000 Euro bekam laut Liste die "Erzdiözese Wien – Kardinal Schönborn" für die Errichtung einer "Stadterweiterungskirche" in Wien-Donaustadt. Peters-, Michaeler-, Franziskaner-, Jesuiten- und die Evangelische Kirche Dorotheergasse bekamen in Summe 400.000 Euro "für bauliche Maßnahmen". Der Wiener Oberrabbiner und der Verein der Roma und Sinti bekamen zwecks "Wahrnehmung ihrer Aufgaben" 55.200 bzw. 50.000 Euro. Ob Österreichische Juristenkommission und Östereichischer Juristentag (je 10.000 Euro), die Sozialprojekte von Pater Georg Sporschill (50.000 Euro), ob Lions Club Ostarrichi (eines seiner Mitglieder sitzt im Fonds-Kuratorium) oder der Charity Fund von Ex-Raiffeisenbanker Herbert Stepic (100.000 Euro) und Sankt Anna Kinderspital (100.000 Euro): der Stadterweiterungsfonds förderte.

Begleitet wurde die Auszahlung auf Vorschlag des Fondschefs vom Wirtschaftsprüfer der beiden Fonds – der übrigens (via Treuhänder) auch eine Integrationsfonds-Wohnung gekauft hat. Zur Erinnerung: In der Causa ÖIF geht es um den Vorwurf, man habe Wohnungen zu billig an Nahestehende des ÖIF versilbert. Einer der Beschuldigten hat gestanden.

Auch andere personelle Verquickungen gab es bei den Geldgeschenken vom Stadterweiterungsfonds. So bekam das "Amerika-Institut" Geld vom Stadterweiterungsfonds. Als dessen ehrenamtlicher Obmann war der Fondschef tätig, wie er laut Protokoll, offenlegte – er beteuerte aber, er habe "keinerlei ... Vorteil" aus der Unterstützung. Und, last but not least: Der Österreichische Integrationsfonds bekam eine Million Euro für die Errichtung seines Hauses für berufliche Bildung und Integration ("Habibi").

Geld für Uni des Opus Dei

Am 14. November 2008 beschloss das Kuratorium weitere Unterstützungen: 70.000 Euro für Umbauten im Innenministerium in der Wiener Herrengasse. Geldregen kam auch über die Pontifikaluniversität zum Heiligen Kreuz in Rom, die unter Leitung des Opus Dei steht. Dafür habe ihn Kardinal Königs Büro angerufen "und die besondere Unterstützung des Herrn Kardinal für dieses Anliegen zum Ausdruck gebracht", erklärte der Fondschef und einstige ÖVP-Funktionär gemäß Protokoll. Die Unterstützung mit 100.000 Euro aus öffentlichem Geld fand die "einstimmige Zustimmung" des Kuratoriums. (Renate Graber, 11.5.2017)