Felsritzungen in Utah, datiert auf 1650–1850 AD. Pferde und Reiter, umgeben von Schafen und hundeartigen Tieren.

Foto: Petra Schneidhofer

Verschiedene Typen an Pfeil und Speerspitzen, gefertigt aus unterschiedlichem Steinmaterial.

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Wolfe-Ranch, datiert auf 1906. Für Europäer immer wieder ein wenig befremdlich: archäologische Fundstellen, die jünger sind als die Häuser, in denen sie wohnen. Trotzdem ein wunderbar erhaltenes Beispiel für die Lebensbedingungen mancher Rancher vor über 100 Jahren im amerikanischen Südwesten.

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Christine Markussen im Gespräch mit dem Leiter eines kleinen örtlichen Archäologiemuseums. Das kulturelle Erbe nimmt in den USA einen hohen Stellenwert ein, und Ausstellungen wie diese werden von öffentlicher, als auch privater Hand gesponsert.

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Rekonstruiertes Grubenhaus auf der Coombs-Fundstelle, datiert um ca. 1200 AD. Obwohl um diese Zeit bereits das Pueblo als Wohnstätte dominierte, wurden Grubenhäuser vermutlich aufgrund ihrer Isolationseigenschaften auf höher gelegenen Siedlungen weiterhin genutzt.

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Und immer wieder imposante Landschaften. Direkt unter mir die sogenannten Goosenecks, Mäander des San Juan River. Ganz hinten am Horizont sieht man die Felsformationen des Monument Valley.

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Auch archäologisch gesehen von Bedeutung: die unglaubliche Weite des Südwestens. Einzelne Fundstellen zu entdecken fällt hier nicht immer leicht.

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Hin und wieder stolpern wir zufällig über Archäologisches: vermutlich der Unterschlupf eines Viehhirten, Datierung unbekannt.

Foto: Petra Schneidhofer

Meine Reise habe ich auf meinem Instagram-Account @lifeasanarchaeologist festgehalten, zusammen mit vielen Informationen über die atemberaubende Landschaft und die Archäologie des Südwestens.

Wissenschafterin zu sein bedeutet unter anderem, neugierig zu bleiben und immer wieder Neues zu lernen. Und so gerät auch mein Urlaub oft zumindest teilweise zu einer Studienreise. Als Geoarchäologin arbeite ich an der Schnittstelle zwischen den Geowissenschaften und der Archäologie und interessiere mich gleichermaßen für die naturräumliche und archäologische Geschichte einer Landschaft. In diesem Jahr ergibt sich die Möglichkeit, mit meiner amerikanischen Kollegin und guten Freundin Christine Markussen durch den Südwesten der USA zu "roadtripen" und dabei die atemberaubenden Landschaften, aber auch die Archäologie dieses Teils des amerikanischen Kontinents näher kennenzulernen.

Land der unbegrenzten Besiedelungstheorien

Wann genau die ersten Menschen Nordamerika besiedelt haben und auf welchen Routen das geschehen ist, wird in der Fachwelt immer noch diskutiert. Die Forschungen dazu verfolgen dabei unterschiedliche Ansätze und konzentrieren sich sowohl auf archäologische Spuren als auch auf DNA-Analysen sowie linguistische Studien. Basierend auf den Ergebnissen dieser Untersuchungen wird von mehreren Migrationswellen ausgegangen, in denen Menschen (und Tiere) von Asien aus auf den amerikanischen Kontinent gelangten, und zwar über die Beringstraße. Heute ist die Beringstraße eine flache Meerenge zwischen dem Pazifik und dem nördlichen Eismeer. Während der letzten Eiszeit, als große Mengen Wasser im Eis gebunden waren und der Meeresspiegel sank, verband die Beringstraße als Landbrücke Sibirien mit Alaska.

Archäologische Quellen belegen zwei Migrationswellen vor 16.000 und 13.000 Jahren. Ältere Datierungen, wie sie zuletzt aus Kalifornien bekannt wurden und durch die Presse gingen, müssen aufgrund ihrer Beweismaterialien stark angezweifelt werden. Linguistische Studien dagegen deuten auf zumindest vier Einwanderungsbewegungen hin, wobei die erste zwischen 20.000 und 14.000 Jahre vor heute angesiedelt ist und die letzte vor etwa 4.000 Jahren stattfand. Auch die Resultate verschiedener DNA-Studien sprechen für bis zu vier Migrationswellen, in denen Menschen den amerikanischen Kontinent vor 40.000 bis 23.000 Jahren betraten und vor 20.000 bis 10.000 Jahren das Staatsgebiet der heutigen USA erreichten. Nach dem Überschreiten des letzteiszeitlichen Maximums – also dem Zeitpunkt während der letzten Eiszeit, an dem das Eis seine maximale Ausdehnung erreicht hatte – erlaubten erste eisfreie Korridore entlang der Küsten und im Landesinneren den Menschen, weiter in den Süden vorzudringen.

Forschung im Südwesten der USA

Der Südwesten der USA, der die heutigen Staaten Colorado, Arizona, New Mexico, Utah und Nevada umfasst und den ich bereise, stellt eines der wichtigsten Forschungsgebiete innerhalb der Archäologie dar. Die ältesten Spuren menschlichen Lebens, die in diesem Gebiet gefunden wurden, datieren auf circa 10.500 bis 7.500 v. Chr. Die Urgeschichte Amerikas ist ähnlich wie in Europa in verschiedene Zeitabschnitte eingeteilt und beginnt circa 10.000 bis 12.000 v. Chr. mit der Epoche der Palaeo-Indians, die von Jäger-und-Sammler-Kulturen dominiert wurde.

Als sich das Klima gegen Ende der letzten Eiszeit veränderte und es langsam wärmer wurde, verschwanden die an die Kälte angepassten großen Pflanzenfresser, darunter Mammuts und Pferde, die den Menschen lange Zeit als Nahrung gedient hatten. Die Menschen passten sich an diese veränderten Umweltbedingungen an, indem sie sich einem halbnomadischen Lebensstil zuwandten, der neben der Jagd und dem Sammeln auch zunehmend Ackerbau einschloss. Im Südwesten markiert dieser Wandel den Beginn der "Archaic Tradition" und wird auf circa 7500 v. Chr. datiert und ist archäologisch gesehen unter anderem durch den vermehrten Gebrauch von "grinding slabs", also Gerätschaften zum Mahlen von Körnern, belegt.

Die "Ancestral Pueblo People"

Aus der "Archaic Tradition" entwickelten sich im amerikanischen Südwesten und dem Nordwesten von Mexiko um circa 1200 v. Chr. schließlich drei archäologische Hauptkulturgruppen, die allesamt landwirtschaftlich geprägt waren und klar erkennbare Gesellschaftsstrukturen sowie bedeutende architektonischen Bauten aufwiesen. Neben eben den "Mogollon People" und der "Hohokam Tradition" komme ich auf meiner Reise vor allem durch Gebiete, die von den "Ancestral Pueblo People" besiedelt waren. Wann genau der Beginn dieser Kultur angesetzt werden kann, ist nicht restlos geklärt.

Eine gängige Theorie sieht den Beginn dieser Kultur bereits um 1200 v. Chr. (Basketmaker People), andere Quellen deuten auf einen späteren Beginn ab circa 750 AD (Pueblo I Period). Einer breiteren Öffentlichkeit sind die "Ancestral Pueblo People" vor allem als Anasazi bekannt. Dieser Name wurde jedoch ursprünglich von den Navajo verwendet, die erst um circa 1500 AD in den Südwesten kamen und mit den Pueblo People Krieg führten. Übersetzt heißt er: "ancient enemy oder ancestor of the enemy". Verständlicherweise wird er daher von den heute lebenden Nachfahren der "Ancestral Pueblo People" – den Pueblo People – abgelehnt.

Besondere Bekanntheit erlangte die Kultur der "Ancestral Pueblo People" durch ihre komplexe Architektur – und hier vor allem die Wohnstätten der Phasen Pueblo II und III (circa 900 bis 1350 AD). Faszinierende Beispiele dieser Bevölkerungszentren sind zum Beispiel im Mesa Verde National Park und im Chaco Culture National Historical Park zu sehen, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehören. Diese mehrgeschossigen Wohnkomplexe wurden meist aus lokalen Materialien wie Stein oder Lehmziegeln gebaut oder direkt in die Canyon-Wand gehauen. Ein Charakteristikum der Pueblos war das Fehlen von Eingängen in der untersten Etage; die Wohnräume auf den verschiedenen Etagen wurden über bewegliche Leitern erreicht.

Um circa 1200/1300 AD verließen die "Ancestral Pueblo People" ihre imposanten Wohnstätten und migrierten in den Süden. Als möglicher Grund dafür gilt eine Klimaveränderung, die zu Trockenheit und damit zu schwierigeren Lebensbedingungen in der angestammten Heimat dieser Kultur führten. Eine andere Theorie besagt, dass die Pueblos als Rückzugsort erbaut wurden, um sich gegen Überfälle anderer Stämme zu schützen. Als diese Übergriffe aufhörten, war ein Leben in den mitunter schwer zugänglichen Wohnstätten nicht mehr notwendig, und die "Ancestral Pueblo People" konnten in ihre angestammten, fruchtbaren Wohngebiete zurückkehren, wo deren Nachfahren auch heute noch leben.

Archäologische Gruppierungen

In diesem Zusammenhang ist es natürlich wichtig, darauf hinzuweisen, dass Kulturen wie die "Mogollon People" oder eben auch die "Ancestral Pueblo People" von Archäologen geschaffene Gruppierungen darstellen, die sich aus Ähnlichkeiten diverser Klassifikationseinheiten wie Architektur, Keramik, Verzierungen et cetera ergeben. Namen, aber auch Gebietsgrenzen stellen Ergebnisse analytischer Untersuchungen dar und können sich daher mit dem Auftauchen bis dato unbekannter Ergebnisse jederzeit verändern.

Die amerikanische Regierung und die Nachfahren der "Ancestral Pueblo People"

Auf meiner Reise lerne ich Lanell Poseyesva vom Stamm der Hopi kenne. Die Hopi gelten unter anderen als Nachfahren der "Ancestral Pueblo People", und viele von ihnen leben im Norden Arizonas auf Land, das ihnen von der amerikanischen Regierung vertraglich zugesichert wurde. Im Hopi-Reservat befindet sich auch der Ort Oraibi, aus der Lanell stammt. Oraibi ist eine der am längsten durchgehend bewohnten Siedlungen in Nordamerika, die vor 1200 AD gegründet wurde. Die Kultur der Hopi ist, im Gegensatz zu den archäologisch konstruierten Kulturgruppen, eine tatsächliche Volksgruppe. Hopi ist eine Kurzform für Hopituh Shi-nu-mu, was in etwa "the peaceful people" bedeutet. Die Hopi gelten als friedliebendes Volk. Respekt und Ehrerbietung sind tief in ihrer Kultur verankert und finden auch heute noch Ausdruck in einer Reihe von Zeremonien zum Wohle der Menschheit.

Die Archäologie des Südwestens zeigt, wie komplex die Besiedelungsgeschichte Nordamerikas ist und wie sehr heute lebende Volksgruppen wie die Hopi sich mit ihren Vorfahren verbunden fühlen. Darum wurde im Jahr 1990 der Native American Graves Protection and Repatriation Act unterzeichnet. Dieses Gesetz verlangt einerseits von staatlich geförderten Institutionen die Rückgabe von Kulturgütern, die aus dem Besitz amerikanischer Ureinwohner stammen, an deren direkte Nachfahren oder die kulturell zugehörige Volksgruppe. Andererseits reguliert es das Prozedere bei Ausgrabungen auf Land, das dem Staat gehört, die vom Staat gefördert werden oder eine staatliche Erlaubnis erfordern. Das betrifft vor allem den Umgang mit Gräbern und die darin enthaltenen menschlichen Überreste amerikanischer Ureinwohner.

Nach drei Wochen in Utah und Arizona habe ich einen ersten Eindruck von diesem Teil Nordamerikas gewonnen. Ich beginne zu verstehen, wie komplex seine (Ur)geschichte ist und wie eng sich die heute lebenden Native Americans mit ihren Vorfahren und ihrem kulturellen Erbe verbunden fühlen. Vor allem aber sehe ich, welch wichtige Rolle der Archäologie zukommt, dieses kulturelle Erbe zu schützen. (Petra Schneidhofer, 11.5.2017)