Verkehrsspuren und Ampeln sind am Wiener Heumarkt kein Aufreger: Hier geht es um die befürchtete rote Karte durch die Unesco.

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Wien – Die nächste Hürde für das Hochhausprojekt am Wiener Heumark dürfte am Mittwoch genommen werden. Denn in der Sitzung des Planungsausschusses wird sich voraussichtlich eine klare Mehrheit für die Flächenwidmung inklusive des 66-Meter-Luxuswohnturms von Investor Michael Tojner aussprechen.

Von den 18 Ausschussmitgliedern sind acht von der SPÖ – Bürgermeister Michael Häupl hatte vorab bereits erklärt, seine SPÖ würde geschlossen dafür stimmen. Zwei weitere Mitglieder sind von den Grünen: Auch Christoph Chorherr und Rüdiger Maresch haben angekündigt, mit Ja zu stimmen. Die restlichen acht Mitglieder von Neos, FPÖ und ÖVP sind gegen das Projekt.

Unterschriften bis Ende Mai

Am Dienstag appellierten Heumarktgegner an den Ausschuss, das Projekt zu stoppen. "Wir können nur hoffen, dass die grünen Gemeinderäte ihr freies Mandat wahrnehmen", sagte der Architekt und Lehrende an der TU Wien Christian Kühn: "Es wird dadurch keine Koalition zerbrechen und kein Investor pleitegehen." Das Projekt sei "drittklassig", der Standort "erstklassig". Dass die Unesco mit der Aberkennung des Weltkulturerbestatus droht, sei nachvollziehbar.

Der Wiener Eislaufverein hat sich indes mit Wertinvest geeinigt und will als Mieter dem Umbau zustimmen. Bis Ende Mai sollen die Verträge unterschrieben werden. Die Einigung enthält unter anderem eine Freifläche für den Eislaufbetrieb von insgesamt 5750 m², eine ganzjährig nutzbare Eishalle mit 1000 m² und die Erneuerung der Eislaufinfrastruktur durch Wertinvest.

Getreidemarkt "noch einmal anschauen"

Auch ein anderer Markt in Wien beschäftigt das Gemüt der Kommunalpolitik. Häupl bleibt dabei, dass man sich den geplanten Umbau des Getreidemarkts "noch einmal anschauen" solle. Mit dieser Aussage hatte er schon am Montag Verwirrung gestiftet, denn die Bauarbeiten sind bereits angelaufen: Derzeit werden die Wasserrohre getauscht, im nächsten Schritt sollen zwischen Museumsquartier und Naschmarkt ein neuer Radweg sowie eine zusätzliche Ampelquerung für Fußgänger und Radfahrer im Bereich der Lehárgasse entstehen. Für den motorisierten Verkehr fällt künftig eine Spur weg. Das ruft die Opposition und den ÖAMTC auf den Plan: Sie protestieren seit Wochen gegen Stau und "Verkehrschaos".

Der ÖAMTC reagierte am Dienstag auf das von Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) zuletzt geäußerte Argument, man wolle mit dem Bau eines Radwegs "tödliche Unfälle und schwere Verletzungen vermeiden": Seit 2013 hätten sich in dem Bereich nur drei Radfahrunfälle mit Personenschaden ereignet – bei zwei davon sei ein Kfz beteiligt gewesen, hieß es in einer ÖAMTC-Aussendung.

Knapp am Radler vorbei

Alec Hager von der Radlobby Wien argumentiert mit dem subjektiven Sicherheitsgefühl: Menschen würden sich nach dem geplanten Umbau eher trauen, aufs Rad zu steigen. Der Getreidemarkt werde derzeit als gefährlich empfunden – auch von Autofahrern, denen unwohl dabei sei, derart knapp an Radlern vorbeizufahren, sagte er zum STANDARD.

Die Idee, den Radweg über Nebenstraßen zu führen – etwa über die Nibelungengasse –, findet bei der Radlobby wenig Anklang: Auch Radverkehr brauche direkte Verbindungen. Die Grünen betonen, dass das Projekt einen Planungsprozess durchlaufen habe und bereits im März im Gemeinderat beschlossen wurde – mit SPÖ-Stimmen. (Oona Kroisleitner, Christa Minkin, 9.5.2017)