Wien – Vor Richter Marc Farkas tritt Gerhard B. sehr distinguiert auf, wählt seine Worte mit Bedacht. Der promovierte Geisteswissenschafter soll aber auch die Sprache des gemeinen Volkes beherrschen. Mit Worten wie "Fettes Oaschloch" und "Denunziantenschweine" soll er am 12. Dezember drei Kontrahenten beschimpft haben. Da er sie auch mit dem Umbringen bedroht haben soll, muss sich der 49-Jährige wegen gefährlicher Drohung verantworten.

"Ich bekenne mich eigentlich nicht schuldig", sagt er zur Anklage. Da er sich das nicht vorstellen kann: "Ich würde nie jemandem drohen, bin von der Person her gar nicht so", beteuert er.

"Da bin ich explodiert"

"Dann erzählen Sie einmal von vorne", muntert ihn der Richter auf. "Ich hatte einen Streit mit einem anderen Verkehrsteilnehmer, der mich geschnitten hat." Er habe den Vorfall lautstark ausdiskutiert. "Dann sind da drei andere gestanden, die für ihn Partei ergriffen haben. Da bin ich explodiert." Dass er vielleicht ausfällig geworden sei, gibt er zu. Aber von "liquidieren" oder "umbringen" habe er nie etwas gesagt.

Die drei Betroffenen schildern die Situation relativ übereinstimmend anders. Die Mediziner warteten vor dem Museum für angewandte Kunst auf den Beginn der Ärztedemo. Zunächst habe es den Streit zwischen dem Angeklagten und einem weiteren Autofahrer gegeben.

Beleidigung über Körperumfang

Nachdem dieser weggefahren war, habe B. seinen Zorn auf die Zuseher gelenkt. "Ich habe weder was gesagt noch gemacht, nur gewartet", sagt einer der Zeugen. Der Angeklagte habe mit der unflätigen Beschreibung der Statur des Arztes begonnen, sie "Denunziantenschweine" und "Naziidioten" genannt. Dann sei es immer bedrohlicher geworden.

"Er hat gesagt, er arbeite bei der Regierung, beim Sobotka, und kann jeden festnehmen lassen." Er sei auch näher gekommen, der Zeuge hatte Angst vor einem Angriff. Als dann noch etwas wie "Ihr gehört liquidiert" fiel und B. zu seinem Kofferraum ging, habe er die Polizei alarmiert.

Der ohne Verteidiger erschienene Angeklagte entschuldigt sich bei allen Zeugen. Und erklärt den Hintergrund, den er auch schon dem Richter verraten hatte. "Ich war damals in einer psychischen Ausnahmesituation, eine gute Freundin ist bei einem Reitunfall gestorben."

Diebstahl im Nobelhotel

Der zweite Anklagepunkt betrifft einen Vorfall in einem noblen Hotel in der Wiener Innenstadt. Dort soll er im Oktober aus einer Kasse 20 Euro genommen haben. "Das war ein Irrtum", beteuert er. Er habe in der Lobby einen Kaffee bestellt und dem Kellner vorab 20 Euro bezahlt. Weil dieser lange nicht kam, ging er zur Kassa und wollte das Geld zurück.

"Die Kassiererin hat die Lade geöffnet und den Schein herausgenommen. Ich habe ihn ihr aus der Hand genommen. Vielleicht etwas zu schnell." Als er ging, sei der Kellner zu ihm gekommen und habe ihm zusätzlich 15 Euro Wechselgeld gegeben. "Ich war verwirrt und habe es eingesteckt. Als ich daheim war, ist mir das aufgefallen, ich bin zurückgefahren und habe es einer anderen Dame gegeben." Der angeklagte Fehlbetrag beträgt also fünf Euro.

Griff zum 20-Euro-Schein

Die Kassierin bleibt bei ihrer Aussage vor der Polizei. Sie habe dem Bell Boy, wie die korrekte Bezeichnung lautet, die 15 Euro Retourgeld samt Kaffee mitgegeben. "Als der Gast kam und sich aufregte, habe ich mir gedacht, ich gebe ihm die fünf Euro zurück." Tatsächlich habe er aber in die Kassa gegriffen und den 20-Euro-Schein genommen.

Farkas glaubt ihr ebenso wie den Ärzten und verurteilt den Arbeitslosen zu drei Monaten bedingt. "Das scheint auch im Strafregister nicht auf, da haben Sie keine Probleme bei der Arbeitssuche", beruhigt der Richter den Angeklagten. "Und wenn ich in die USA reisen will?" – "Das kann ich Ihnen nicht sagen." B. nimmt Bedenkzeit, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 9.5.2017)