Geschäfte von Börsenunternehmen mit Aktionären oder Vorstandsmitgliedern müssen in Zukunft genehmigt und bekanntgemacht werden.

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Wien – In der Anfang April vom EU-Rat beschlossenen Änderung der Aktionärsrechte-Richtlinie werden unter anderem die Bestimmungen für die Genehmigung und die Bekanntmachung von Geschäften börsennotierter Aktiengesellschaften mit nahestehenden Personen (Related Party Transactions) eingehend geregelt.

Die neuen Bestimmungen zielen darauf ab, für die Gesellschaft nachteilige Geschäfte zu verhindern, wie z. B. den vergünstigten Verkauf eines Betriebs oder von Liegenschaftsvermögen an einen Aktionär bzw. an ein Vorstandsmitglied. Den Mitgliedsstaaten bleiben zwei Jahre für die Umsetzung, wobei sie auch diverse Wahlrechte ausüben können.

Das Anliegen ist freilich nicht neu. Schon derzeit müssen Transaktionen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern drittvergleichsfähig sein; andernfalls kann das Geschäft nach der Rechtsprechung unwirksam sein (Verbot der Einlagenrückgewähr) und steuerlich eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen. Zudem droht dem Vorstand eine Haftung gegenüber der AG, bis hin zur strafrechtlichen Verantwortung wegen Untreue.

Generelle Genehmigungspflicht

Die Richtlinie statuiert eine generelle Genehmigungspflicht für wesentliche Related Party Transactions; die Mitgliedsstaaten können zwischen einer Genehmigung durch die Hauptversammlung (HV) oder durch den Aufsichtsrat wählen. Bereits nach geltendem Recht muss der Aufsichtsrat bestimmten wesentlichen Geschäften, wie Unternehmenserwerben oder Großinvestitionen, zustimmen. Jede AG hat in der Satzung oder in der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats hiefür individuelle Betragsgrenzen vorzusehen.

Die HV muss derzeit nur in Ausnahmefällen befasst werden, etwa bei der Veräußerung (nahezu) des gesamten Unternehmens. Sollte sich der Gesetzgeber für eine Genehmigungspflicht durch die HV entscheiden, würde dies eine stärkere Involvierung der Aktionäre mit sich bringen, könnte allerdings sinnvolle Transaktionen verzögern oder verhindern.

Ordentlicher Geschäftsgang

Die Genehmigungspflicht besteht nach der Richtlinie aber nur dann, wenn das Geschäft nicht zum ordentlichen Geschäftsgang gehört oder die Bedingungen nicht marktüblich sind. Um Unklarheiten zu vermeiden, wäre daher eine Klärung des Begriffs "ordentlicher Geschäftsgang" durch den Gesetzgeber wünschenswert.

Ein Spielraum bleibt auch bei der Festlegung der Wesentlichkeitsschwelle. Die Richtlinie legt die Orientierung an quantitativen Kriterien, wie einem bestimmten Prozentsatz des Umsatzes oder des Eigenkapitals, nahe. Der Gesetzgeber könnte sich daher an den bestehenden aufsichtsratspflichtigen Geschäften orientieren und gesonderte Bestimmungen – jedenfalls für börsennotierte Gesellschaften – zur Genehmigungspflicht für Related Party Transactions vorsehen.

Bestimmte konzerninterne Transaktionen dürfen die Mitgliedsstaaten generell von der Genehmigungspflicht ausnehmen, z. B. Geschäfte mit einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft.

Ad-hoc-Publizitätspflicht

Schließlich sollen börsennotierte AGs in Zukunft unverzüglich über genehmigungspflichtige Related Party Transactions berichten. Nach geltendem Recht sind solche Geschäfte – sofern keine Ad-hoc-Publizitätspflicht ausgelöst wird – nur im Nachhinein im Jahresabschluss offenzulegen. Künftig werden neben den Parteien des Geschäfts auch Transaktionsdetails wie der Preis offenzulegen sein.

Die nach früheren Fassungen des Richtlinienvorschlags noch verpflichtend vorgesehene Fairness Opinion zur Untermauerung der Preisfindung ist hingegen nicht mehr zwingend, kann aber von den Mitgliedsstaaten verlangt werden.

Insgesamt wird durch die Richtlinie bei börsennotierten AGs die Transparenz, aber auch der Aufwand bei der Prüfung und der Dokumentation von Related Party Transactions steigen. Gegenüber früheren Vorschlägen wurden die Mehranforderungen letztlich durch eine Reihe von Mitgliedsstaatswahlrechten zurückgenommen. (Mario Gall, 8.5.2017)