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Königssohn, Vizekronprinz und Verteidigungsminister Mohammed bin Salman wurde im Weißen Haus wie ein Staatschef empfangen.

Foto: Reuters / Kevin Lamarque

Riad/Washington/Wien – So weit geht die neue amerikanisch-saudische Liebe nun doch nicht, dass man ein saudi-arabisches Baby einfach "Ivanka" nennen könnte. Dem stolzen Vater in der nördlichen Stadt Arar wurde die Registrierung des Namens als "fremd" untersagt, dazu wurde er Opfer eines Shitstorms in den sozialen Medien. Und da er seine Kritiker damit zu beruhigen versuchte, dass der Prophet Mohammed eine (aus einem besiegten Stamm kommende) Jüdin sogar zur Gattin nahm, dürfte der jüdische Hintergrund der Trump-Tochter die Hauptrolle bei der Empörung gespielt haben.

Wer aller den US-Präsidenten begleiten und ob die "first daughter" dabei sein wird, ist noch unbekannt; aber fix ist, dass Donald Trumps ungewöhnliches erstes ausländisches Reiseziel am 23. Mai das wahhabitische Königreich sein wird. Erst danach fährt er nach Israel und in den Vatikan, weil das seine Kardinäle freue, wie er sagte. Die Saudis sind ebenfalls hocherfreut, wie auch die US-Waffenindustrie, denn ein milliardenschweres Geschäft mit Saudi-Arabien wird vorbereitet.

Die Beziehungen zwischen Washington und Riad haben sich, seit Trump Präsident ist, massiv verbessert. Anlässlich des Besuchs von Vizekronprinz und Verteidigungsminister Mohammed bin Salman in Washington im März wurde ein "Reset" verkündet. Für die schwierigen Beziehungen der vergangenen Jahre wird allein Barack Obama verantwortlich gemacht, den MbS, wie der 30-jährige Königssohn manchmal genannt wird, in einem Interview mit Al-Arabiya vor kurzem wieder kritisierte. Obamas großer Fehler aus saudischer Sicht war das Atomabkommen mit dem Iran und das Nichteingreifen in Syrien gegen Bashar al-Assad (und damit den iranischen Einfluss). Je mehr sich als Priorität Trumps im Nahen Osten die Eindämmung Teherans herauskristallisiert, desto zufriedener ist man in Riad.

Selbst für Sicherheit sorgen

Dabei hat Trump mit Obama zumindest gemeinsam, dass beide die Saudis daran erinnert haben, für ihre Sicherheit selbst verantwortlich zu sein und sie nicht nur den USA umhängen zu können. Aber die beiden US-Präsidenten meinten damit eben Unterschiedliches. Obama forderte Saudi-Arabien auf, sich mit dem Iran zu arrangieren. MbS sagte in dem erwähnten Interview klipp und klar, dass er zu einer Verständigung mit Teheran keine Möglichkeit sehe.

Saudi-Arabien ist viel mehr im Wandel, als das von außen sichtbar wird; und MbS, den seine Anhänger als innovativ und proaktiv, seine Kritiker als unberechenbar und unüberlegt sehen, spielt dabei eine große Rolle. Von saudischen Medien und PR-Firmen gepusht, überstrahlt er alle anderen politischen Figuren, vor allem den in der Thronfolge vor ihm stehenden Neffen des Königs, Kronprinz Mohammed bin Nayef (MbN).

Beobachter orten ein systematisches Ausbooten des Kronprinzen, der als Innenminister ein enger Partner der USA im Kampf gegen den Terror war, schon bevor er im April 2015 Thronfolger wurde. Er galt als Mann mit dem besten Draht nach Washington. Im Rahmen eines großen Postenkarussells ernannte der König nun vor kurzem seinen Sohn Khaled, einen direkten Bruder von MbS, zum Botschafter in den USA.

Ein anderer Sohn Salmans, Abdulaziz, wurde Staatsminister im wichtigen Energieministerium. Auch ein Enkel, Ahmed bin Fahd, wurde bereits strategisch in Stellung gebracht: als Vizegouverneur der ölreichen östlichen Provinz Sharqiya, hinter einem Bruder des Kronprinzen MbN und wohl als Prätendent auf dessen Posten.

Dem Kronprinzen wird auch systematisch das Sicherheitsdossier aus der Hand genommen, schreibt David Hearst auf "Middle East Eye" (das Katar nahesteht) – etwa durch die Schaffung eines neuen Nationalen Sicherheitszentrums, das nicht dem Innenminister, also MbN, sondern dem Hof untersteht. Ebenso steigt MbS' Armeesprecher Ahmed Asiri zum Vizegeheimdienstchef auf.

Der Königssohn soll aber nicht nur stärker, sondern auch beliebter werden. Die von ihm verantwortete "Vision 2030", die die saudische Wirtschaft auf eine neue Basis stellen soll – unter anderem durch die Schlachtung der heiligen Kuh Aramco, der staatlichen Ölgesellschaft, von der fünf Prozent an die Börse gehen sollen -, enthielt auch soziale Einschnitte für die saudi-arabischen Bürger. Diese sehr unpopulären, weil sehr ungewohnten Kürzungen wurden nun zurückgenommen. (Gudrun Harrer, 8.5.2017)