Graz – Gehen die Pläne wie von Magna, TU Graz und AVL List projektiert auf, entsteht in den nächsten Jahren in der Steiermark eine europaweit einzigartige ausgefeilte Testinfrastruktur für selbstfahrende Autos. Das Infrastrukturministerium steuert zum Aufbau und für die ersten Projekte 5,6 Millionen Euro bei.

Die Steiermark bietet schon allein wegen der sehr exponierten geografischen Struktur und ihrer besonderen klimatischen Bedingungen ideale Bedingungen, um in Echtzeit so ziemlich alle Eventualitäten und Szenarien des Straßenverkehrs durchzuspielen, zu testen oder zu simulieren.

Die TU Graz, Magna Steyr und der Motorentestspezialist AVL List und weitere Unternehmen der Branche haben für dieses Projekt ein eigenes Unternehmen gegründet, Alp Lab, das nach Aussagen von TU-Vizerektor Horst Bischof in fünf Jahren erstmals Gewinne abwerfen soll. Die Geschäftsgrundlage: Auf ausgewählten Teststrecken, in Tunnelanlagen, im Grazer Stadtverkehr und in allen Witterungslagen werden von Testautos über Sensoren Daten gesammelt und ausgewertet. Parallel dazu sollen neue Testapparaturen und jede Menge Software für den Betrieb autonomer Fahrzeuge entwickelt werden.

Reges Interesse

So ziemlich alle relevante Softwareunternehmen Österreichs haben bereits Interesse an einer Kooperation angemeldet, sagte Bischof am Donnerstag bei der Vorstellung des Projekts. Daten und Software sollen in der Folge unter anderem an die Autoindustrie verkauft werden. Von dort gibt es laut Bischof bereits "reges Interesse".

Alp Lab bündelt die gesamten Testaktivitäten für selbstfahrende Autos an einem Ort, von der ersten Simulation bis zu den Tests auf Prüfständen und letztlich im Echtzeitbetrieb auf den privaten und öffentlichen Teststrecken. Dazu ist auch die Asfinag an Bord. Hersteller oder Konsortien können hier oder im Infrastrukturministerium Interesse anmelden. Getestet wird unter anderem auf der Südautobahn (A2) zwischen Graz West und Laßnitzhöhe sowie zwischen St. Michael und Slowenien. Auf den ersten Abschnitten sind acht herkömmliche, aber technisch hochgerüstete Pkws wie etwa ein Mercedes unterwegs – noch mit Fahrer an Bord. Speziell gekennzeichnet sind sie nicht, um die Tests nicht zu beeinflussen.

Einzigartiges Projekt

Ab 2018 wird auch im Grazer Stadtverkehr mit den mit speziellen Sensoren, Radar, Kameras und GPS ausgerüsteten Autos getestet. Zudem stehen der Red-Bull-Ring sowie die Tunnelanlage "Zentrum am Berg" der Montanuni Leoben zur Verfügung. Minister Jörg Leichtfried (SPÖ) lobte das von Bund und Land geförderte Projekt als "einzigartig in Europa."

Leichtfried verwies auch auf die ökonomische Bedeutung dieses Sektors. Im Bereich der Entwicklung selbstfahrender Autosysteme seien in Österreich bis dato 650 Unternehmen mit 175.000 Mitarbeiten tätig.

Dieter Althaus, Vice President von Magna Europe, glaubt, "man werde in den nächsten ein bis zwei Jahren Wettbewerbsgeschichte schreiben". Die Integration vollautomatisierter Fahrfunktionen sei für Gesamtfahrzeugentwickler wie Magna zukünftig "essenziell". (Walter Müller, 4.5.2017)