Der Birgit-Jürgenssen-Preis wird jährlich an eine/n Studentin/en der Akademie der bildenden Künste verliehen. Heuer an Johannes Gierlinger, dessen Film "Die Ordnung der Träume" in der entsprechenden Ausstellung zu sehen ist.

Filmstill: Gierlinger

Erhält den Birgit-Jürgenssen-Preis: Johannes Gierlinger.


Foto: Nikolina Luketin

Wien – Man muss ein paar Ecken der Welt gesehen haben, um zu wissen, dass es jedes Bild immer zweimal gibt. Auf solchen poetischen Erkenntnissen und extensiven Reisen baut der jüngste Film von Johannes Gierlinger auf: "Zwei Gespräche, zwei Städte", so umreißt der 1985 in Salzburg geborene Künstler den Inhalt von Die Ordnung der Träume. Es handelt sich dabei um einen experimentellen Reisebericht, in dem er Aufnahmen aus Indien mit dialogischen Begegnungen im Kaffeehaus oder Bildern von politischen Protesten in Istanbul oder Wien montiert.

Mit dem Thema Menschen und ihre Beziehungen in der Großstadt hat sich der Künstler, der im Sommer bei Constanze Ruhm im Fachbereich Kunst und digitale Medien diplomiert, schon länger befasst: The fortune you seek is in another cookie hieß sein erster Langfilm, ein 90-Minüter, in dem er sich – nach zwei strukturellen Kurzfilmen – bereits 2014 an das Essayistische Kino herangewagt hatte.

Angesprochen auf Vorbilder nennt der diesjährige Birgit-Jürgenssen-Preisträger mit Chris Marker und Chantal Akerman sofort zwei der wichtigsten Vertreter. Gleichzeitig vergisst er nicht zu betonen, dass er sich von ihrer Bedeutung deswegen nicht einschüchtern lässt.

Schließlich sei der Essayistische Film per definitionem die persönliche Annäherung eines Regisseurs an ein Thema, welches im Falle von Die Ordnung der Träume u. a. auf Italo Calvinos Kultbuch Die unsichtbaren Städte basiert. Der Autor hat darin mit Prosagedichten, Reiseberichten von Marco Polo sowie diversen Städtebildern einen Roman geschaffen, der sich über die Gattungsgrenzen hinweggesetzt hat.

Diese Bezugnahme auf ein schwieriges Stück Weltliteratur hat die fünfköpfige Jury des Birgit-Jürgenssen-Preises (Carola Dertnig, Professorin für Performative Kunst; Constanze Ruhm, Professorin für Kunst und digitale Medien; Vanessa Joan Müller, Kuratorin Kunsthalle Wien; Peter Noever, Ausstellungsmacher; Gabriele Schor, Direktorin Sammlung Verbund, und Andrea B. Braidt, Vizerektorin) überzeugt: "In ihrer Form schwanken die Filme zwischen essayistischen und dokumentarischen Verfahren, sind zugleich immer auch visuell-diskursive Suchbewegung zwischen Geschichtsschreibung, Filmgeschichte, subjektivem Erleben und aktuellen politischen Ereignissen – und nicht zuletzt sind sie Dokumente zahlreicher Reisen des Künstlers, Travelogues innerer und äußerer Welten", so die Jurybegründung.

Was die Montage der verschiedenen Inhalte und Bilder betrifft, hat Johannes Gierlinger darauf geachtet, dass das Poetische vom Politischen – etwa den Aufnahmen der Istanbuler Gezi-Park-Proteste – nicht an die Wand gespielt wird. Schließlich zeige sich Widerstand, so die Überzeugung des Künstlers, immer auch darin, was man in Bezug auf sein persönliches Leben für relevant erachte bzw. was man verändern wolle.

In der Ausstellung, die heute Abend zur Verleihung eröffnet, wird sein Film Die Ordnung der Träume zu sehen sein. Teil der filmischen Installation, die in der Aula aufgebaut wurde, sind zudem zwei Vitrinen mit Recherchematerial für seine Filme sowie eine Diainstallation: Die von der Jury gelobte Bildästhetik wird dort dem zweiten Blick standhalten müssen. (Christa Benzer, 3.5.2017)