Leggings von Margaret and Hermione, Bikini von Gregor Pirouzi und ein knappes Speedo-Modell von Poleit.

Foto: Hersteller

Ein leichtes Gewerbe ist das Geschäft mit den Bikinis und Badeanzügen nicht. Eher Zentimeterarbeit. Bademodenlabels sind stets in heikler Mission unterwegs: Sie sollen Brust, Beine, Po hauteng verpacken. Das kann schnell einmal ins Auge gehen. Kaum ein anderes Kleidungsstück setzt sich bei der öffentlichen Begutachtung am Strand oder im Freibad so ungeschützt aus.

Doch das Segment floriert in Österreich. Wohl noch nie haben so viele Labels so vielfältige, individuelle Bademode produziert. Das ist noch nicht lange so. "Als wir mit unserem Label Margaret and Hermione vor zwei Jahren anfingen, gab es einfach nichts", erklärt Designerin Barbara Gölles. Stattdessen Push-ups, Pads und Bügel-BHs, so weit das Auge reichte: Das Geschäft wurde beherrscht von großen Marken und der Massenware der Retailer. Diese Lücke habe man schließen wollen, erklärt die Designerin des in Wien ansässigen Labels.

Designt in Österreich: Gelber Bikini von Margaret and Hermione.
Foto: Irina Gavrich

Dass es mit der Bademode dermaßen kompliziert werden könnte, hätten die studierte Modedesignerin und ihre Labelpartnerin, Illustratorin Andrea Kollar, allerdings nicht gedacht. Heute wissen die beiden um die Herausforderungen des Geschäfts mit den knappen Stöffchen: "Elastische Materialien sind heikel zu verarbeiten. Man braucht spezielle Maschinen, ein eigenes Know-how", erklärt Gölles. Eine Erkenntnis, die alle Labels in ihren Anfängen gesammelt haben. Noch ist das Business von Margaret and Hermione überschaubar. Und der Arbeitsplatz der beiden nicht mehr als ein "vollgestopfter Raum" in Kollars' Wohnung. Auf die Nerven werden sich Gölles und Kollar trotzdem nicht so schnell gehen. Wenn die eine die Prints entwickelt, fährt die andere in die Produktionsstätte nach Kroatien.

Das Ergebnis? Ein kleines, originelles Sortiment an Badesachen aus recycelten Fischernetzen. Gölles und Kollar bieten zwei Badeanzug- und drei Bikinimodelle an. Die Größenauswahl der Modelle, klassisch mit einem Touch Retro, bewegt sich obenrum zwischen den Körbchen A und D, untenrum von Größe 34 bis 42.

Große Körbchen

Größere Größen wären schön, seien derzeit aber nicht drin: "Ab Körbchen D muss ein Oberteil ganz anders konstruiert werden", meint Gölles. Diese zusätzliche Spezialisierung könne man derzeit nicht leisten. Erst einmal haben die Labelmacherinnen ihr Sortiment in eine andere Richtung erweitert: Sie fertigen zusätzlich Leggings, Hemdchen, Kimonos, bedruckt mit Bananen, Bienen und Zitronenhälften. Die neuen Bademodenlabels sind sich einig, sie wollen mehr an- als ausziehen.

... rosa Badeanzug von Veronica Dreyer.
Foto: Veronica Dreyer

So auch das Label Veronica Dreyer. Die Stücke aus italienischen Badeanzugstoffen werden doppelt vernäht, auf schaumstoffunterfütterte Pads und Körbchen wird verzichtet. Das Unternehmen gehörte zu den Ersten der neuen Bademodengeneration: Künstlerin Rosa Rendl und Art-Direktorin Anaïs Horn verschrieben sich 2013 der nassen Eleganz. So sucht man Mikrobikinis, die für nahtlose Bräune sorgen, im Sortiment der beiden vergeblich. In ihren Modellen würde eher Romy Schneider am Swimmingpool herumhängen. Die Herzen von Horn und Rendl schlagen für Badeanzüge, die die weibliche Silhouette unaufgeregt in Szene setzen. Und die auch tagsüber als Body getragen werden können.

Ähnlich sehen das die Designerinnen Magdalena Brunner und Johanna Hauck, die seit einigen Jahren ihre eigenen Bio-Modelabels führen. 2016 gründeten sie in Graz SJØ , ein auf fair produzierte Wendebadeanzüge und -bikinis spezialisiertes Nebenprojekt. Badesachen funktionieren für so manches Unternehmen als erschwingliches Einstiegsprodukt. Auch für Vivien Sakura Brandls Label Sightline. Die Designerin hat ihre Ready-to-wear-Kollektion um einige gemusterte Badeanzüge und Bikinis (sie kosten rund hundert Euro) erweitert.

Gestreifter Zweiteiler von Sightline.
Foto: Mario Kiesenhofer

Um sich im Bikini-Business zu behaupten, muss man sich als Newcomer-Label was einfallen lassen. Das muss man dem alten Hasen Gregor Pirouzi nicht erzählen. Er designte in der Vergangenheit für Luxusunternehmen wie Versace Bademode: "Das Körperliche war schon immer meins." Vor zwei Jahren machte er sich mit seinem eigenen Bademodenlabel selbstständig. Die Geschäftsidee ging durch die Decke. Der bestens verdrahtete Designer versorgt heute Hotelketten mit Ware, seit Frühjahr gibt's die Stücke aus italienischen Bademodestoffen (die auch Gucci und Balmain verwenden) beim Onlineshop Mytheresa.

Badehose von Poleit.
Foto: Michael Brus

Der gebürtige Grazer Hannes Leitenbauer und sein Kompagnon Daniel Polster hingegen gehen den Männern an die Hose. Sie haben 2014 mit ihrem Unternehmen Poleit die erste Bademodenkollektion für Männer herausgebracht. Warum? "Zwischen Surf-Shorts und H&M gibt es nicht viel, besonders in Österreich nicht." Sie sind überzeugt: "Der Trend bewegt sich oberhalb des Knies." Sogar dem engen Speedo-Modell verhelfen sie zu einem knackigen Comeback: Bestellungen kämen bislang aus Großbritannien und Frankreich. Nur bei den Österreichern, da sei noch ein kleiner Schubs nötig. Das ist ja nichts Neues. (Anne Feldkamp, RONDO, 5.5.2017)