Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner macht Druck auf die ÖVP.

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Kleinunternehmer, deren Mitarbeiter kranheitsbedingt ausfallen, sollen künftig stärker unterstützt werden.

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VP-Regierungskoordinator Harald Mahrer hat keine Freude mit dem Alleingang der roten Ministerin.

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Wien – Die soziale Absicherung von Kleinunternehmern sorgt wieder einmal für Spannungen zwischen SPÖ und ÖVP. Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) hat am Freitag im Alleingang einen Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt.

Üblicherweise passiert so etwas nicht ohne Absprache mit dem Koalitionspartner. In diesem Fall gab es aber keinen Sanktus der ÖVP, wie man im Büro des schwarzen Regierungskoordinators Harald Mahrer bestätigt. Dort richtet man der Gesundheitsministerin aus: "Wir erwarten uns seriöse Verhandlungen." Thematisieren will man das bereits am Dienstag in der nächsten Sitzung der Koordinatoren.

Worum geht es inhaltlich?

  • Entgeltfortzahlung: Unternehmen, die nicht mehr als zehn Dienstnehmer haben, sollen verstärkt unterstützt werden, wenn Mitarbeiter erkranken oder einen Arbeitsunfall haben. Derzeit bekommen sie 50 Prozent der Kosten ersetzt (bei Arbeitsunfällen ab dem ersten Tag, bei Erkrankungen ab dem elften Tag). Künftig soll der Zuschuss zur Entgeltfortzahlung bei 75 Prozent liegen.
  • Krankengeld: Unternehmer, die selbst erkranken (und maximal 25 Mitarbeiter haben), sollen ebenfalls mehr Hilfe bekommen. Derzeit erhalten sie erst ab dem 43. Tag Krankengeld (29,46 Euro pro Tag). Künftig soll diese Unterstützungsleistung rückwirkend ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit ausbezahlt werden.

Mehrkosten

Strittig ist nun vor allem die Frage, wer für die Mehrkosten aufkommen soll. Die Ausweitung der Entgeltfortzahlung würde mit 26,6 Millionen Euro pro Jahr zu Buche schlagen, das früher ausgezahlte Krankengeld mit zehn Millionen Euro – ergibt also Gesamtkosten von 36,6 Millionen. Den Großteil davon müsste die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVA) schultern (24,7 Millionen), für die restlichen 11,9 Millionen müsste die Allgemeine Unfallversicherung (AUVA) aufkommen – also zwei ÖVP-dominierte Versicherungsanstalten.

Inhaltlich gab es von schwarzer Seite bisher keine großen Einwände. Im Gegenteil: Die im Regierungspakt vereinbarte Ausweitung der Entgeltfortzahlung wurde von Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl, der gleichzeitig SVA-Obmann ist, explizit begrüßt. Auch sprach er sich klar für die Reform des Krankengeldes aus, nachdem es zu Beginn des Jahres Aufregung über Einschnitte bei der Zusatzkrankenversicherung für Selbstständige gab – DER STANDARD berichtete.

Klagen über Mehrbelastung

Die SVA beklagte zuletzt aber, dass sie die Mehrbelastung aus eigener Kraft nicht stemmen könne. Die Umsetzung sei folglich Aufgabe der Regierung, sagte der geschäftsführende SVA-Vizeobmann Alexander Herzog.

Diese Argumentation wird von der SPÖ bezweifelt. Nicht zum ersten Mal drängt man darauf, bestehende Rücklagen abzubauen. Zur Orientierung: Laut Herzog betrugen die liquiden SVA-Rücklagen zuletzt rund 240 Millionen Euro, ein "Notgroschen", den man für Sondersituationen wie Epidemien brauche, wie er versichert.

Hohe Rücklagen

In der SPÖ ist man generell der Meinung, dass die Sozialversicherungsanstalten zu viel Geld horten. In seinem Plan A rechnete Kanzler Christian Kern vor, dass alle Krankenversicherungsträger zusammen über 2,65 Milliarden an Rücklagen verfügen würden und man dieses Geld für die "Verbesserung der ärztlichen Versorgung" einsetzen sollte.

Wie es nun weitergeht, ist offen: Im Büro von Rendi-Wagner hieß es am Montag nur, man wolle abwarten, "welches Ergebnis die Begutachtungsstellungnahmen bringen". Zeitlich ist man ohnehin schon spät dran: Laut Regierungsprogramm hätte die Entgeltfortzahlung bereits im April vom Ministerrat beschlossen werden sollen, die Umsetzung sollte mit 1. Juli beginnen. (Günther Oswald, 2.5.2017)