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Parteichef Marian Kotleba bei einem Aufmarsch in Brezová pod Bradlom (Archivbild).

Foto: REUTERS/Radovan Stoklasa

Bratislava – Erstmals in der Geschichte der Slowakei ist die Polizei direkt im Parlament gegen Extremismus vorgegangen. Beamte der Nationalen Kriminalagentur (Naka) durchsuchten am Donnerstag das Abgeordnetenbüro von Stanislav Mizík, Parlamentarier der rechtsextremen Volkspartei Unsere Slowakei (ĽSNS), auf der Burg in Bratislava, wie die slowakische Tageszeitung "Pravda" am Freitag berichtete.

Mizík hatte bereits im Jänner die Verleihung hoher staatlicher Auszeichnungen durch Staatspräsident Andrej Kiska an "Personen jüdischer Herkunft" in sozialen Netzwerken öffentlich kritisiert. Kiska haben damit die staatlichen Orden des Landes degradiert, meinte er. Die Gründerin des ostslowakischen Roma-Theaters Romathan, Daniela Šilanová, bezeichnete er als "Fanatikerin von Zigeunerbräuchen".

Verfahren gegen ĽSNS-Mandatar

Nach vier Monate andauernden Ermittlungen wurde jetzt von der Naka formell ein Verfahren gegen Mizík wegen mehrerer extremistischer Straftaten eingleitet. Konkret werden ihm die Herstellung extremistischer Materialien sowie Diffamierung von Nation, Rasse und Überzeugung vorgeworfen. Den Beschluss, dass er als Beschuldigter geführt wird, hatten Beamte dem Abgeordneten direkt bei einer Tagung des parlamentarischen Bildungsausschusses zugestellt, unmittelbar darauf erfolgte in seiner Anwesenheit eine stundenlange Durchsuchung seines Abgeordnetenbüros.

Da Mizík seine Äußerungen auf Facebook veröffentlicht hatte, kann er von seiner Abgeordneten-Immunität nicht Gebrauch machen. In der Slowakei bezieht sich Immunität auf Äußerungen eines Parlamentsabgeordneten nur, wenn diese direkt bei der Ausübung seines Mandats im Parlament erfolgen. Zudem hatte sich der Parlamentarier in sozialen Netzwerken als Öffentlichkeitsträger geäußert, in diesem Fall drohen bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.

Kotleba empört

Die ĽSNS benutzte den Polizeieinsatz umgehend, um ihren Abgeordneten als Opfer darzustellen. Parteichef Marian Kotleba bezeichnete auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz den Einsatz als "brutale Machtdemonstration". Gegen Mizík werde ausschließlich "wegen seiner politischen Ansichten" vorgegangen, erklärte der Extremistenführer.

Die rechtsradikale Volkspartei Unsere Slowakei von Marian Kotleba war bei der Wahl im März 2016 überraschend auf acht Prozent der Wählerstimmen gekommen und schaffte damit den Einzug ins slowakische Parlament. Derzeit ist die Kotleba-Partei mit 14 Mandaten im 150-köpfigem Nationalrat vertreten, steht aber weitgehend isoliert da. In Umfragen ist die Zustimmung zu den Extremisten aber mittlerweile auf rund zehn Prozent gestiegen.

Der Polizeieinsatz gegen Mizík im Parlament könnte laut Beobachtern unter Anhängern der Kotleba-Partei für zusätzliche Sympathien sorgen. Sie könnten das Vorgehen als weiteren "Beweis" werten, dass in der Slowakei Zensur betrieben wird und Menschen daran gehindert werden, die Wahrheit zu sagen. Der Einsatz könnte damit letztlich sogar einen weiteren Mobilisierungseffekt haben, meinte der Extremismus-Experte Radovan Bránik. (APA, 28.4.2017)