Susanne Bauer et al. (Hg.), "Science and Technology Studies. Klassische Positionen und aktuelle Perspektiven". € 26,80 / 646 Seiten, Suhrkamp (stw), Berlin 2017

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Lorraine Daston / Peter Galison, "Objektivität". € 25,70 / 531 Seiten. Suhrkamp, Berlin 2017

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Da die Wissenschaft dem Prinzip nach alles erforscht, war es nur eine Frage der Zeit, bis die Wissenschaft selbst zum Gegenstand entsprechender Untersuchungen wurde. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich ein eigenes Fachgebiet herausgebildet, das im Deutschen meist als Wissenschafts- und Technikforschung bezeichnet wird und im Normalfall der Soziologie am nächsten steht.

Im angloamerikanischen Raum spricht man von Science and Technology Studies (STS), und das ist auch der Titel eines neuen Readers, der die relevantesten Theoriepositionen aus den vergangenen 40 Jahren in Form von Schlüsseltexten versammelt und kommentiert: die Soziologie wissenschaftlicher Erkenntnis, Laborstudien, die Aktor-Netzwerk-Theorie, feministische, aber auch postkolonialistische STS, die – wie in diesem bunten Fach üblich – meist anhand konkreter Fallstudien exemplifiziert werden.

Historisch kontextualisierte "Objektivität"

Die Wissenschaftsgeschichte, die sehr viel länger institutionalisiert ist als die STS, hat mit diesen etliche Überschneidungen. Und ähnlich wie einige STSler (insbesondere Bruno Latour) die traditionelle sozialwissenschaftliche Theoriebildung aufmischten, so war auch die Wissenschaftsgeschichte zuletzt an einigen konzeptuellen Innovationen in den Geisteswissenschaften beteiligt.

Eine der folgenreichsten Arbeiten der letzten Jahre ist die Studie "Objektivität" von Lorraine Daston und Peter Galison, zwei der herausragenden Wissenschaftshistoriker der Gegenwart. Die beiden zeigen in ihrem 2007 erstmals erschienenen Standardwerk, welchen erstaunlichen Veränderungen das scheinbar überzeitliche Konzept in den vergangenen Jahrhunderten durchmachte.

Was aufs Erste trocken klingt, wird nicht nur höchst materialreich, sondern auch anhand von tollen Illustrationen und einem farbigen Bildteil anschaulich gemacht: ein echter Augenöffner, der nun in einer Sonderausgabe wohlfeil zu haben ist. (tasch, 3.5.2017)