Wien – Das Leben für Wissenschafter ist rauer geworden: sie genießen nicht mehr das blinde Vertrauen der Bevölkerung und Politiker zweifeln Ergebnisse bei Bedarf an. Sie sollen aber nicht im Elfenbeinturm sitzen und jammern, sondern durch verständlich aufbereitete Fakten und Lösungsvorschläge mit der Bevölkerung und Politik kommunizieren, so Experten bei der Tagung der European Geosciences Union (EGU) in Wien.

"Make Facts Great Again"

"Jetzt" sei der richtige Augenblick für die angeblich oft introvertierten Forscher an die Öffentlichkeit zu treten, um das Vertrauen in die Wissenschaft zurückzuerobern, meinte Christiana Figueres von der Klimainitiative "Mission 2020" in London bei der Generalversammlung der EGU, wo sich am Donnerstag eine Expertenrunde der Frage widmete, wie Forscher für die Bedeutung der Wissenschaft eintreten und Fakten wieder die ihnen zustehende Bedeutung geben können ("Make Facts Great Again: how can scientists stand up for science?").

Dazu seien zusätzliche Anstrengungen nötig, man müsse nämlich die Ergebnisse so präsentieren, dass Laien sie verstehen können. Nur so könne man erreichen, dass wissenschaftliche Daten und Fakten als "die mit Abstand verlässlichsten Entscheidungsgrundlagen" von der Öffentlichkeit und Politik genutzt werden, erklärte Figueres.

Fakten sprechen nicht für sich

Ein geläufiger Fehler der Forscher sei, zu glauben, "dass die Fakten für sich sprechen", sagte Heike Langenberg von der Fachzeitschrift "Nature Geoscience". Sie bedürfen auch Erklärungen und jene werden von Laien nur aufgenommen, wenn sie den Wissenschaftern vertrauen. Dies sei nicht mehr wie in den 1970er Jahren in Zeiten der Mondlandungen und Technikeuphorie uneingeschränkt der Fall.

Die Wissenschafter müssten hart daran arbeiten, um wieder gehört zu werden. Dazu empfiehlt sie Konversation mit Nicht-Fachleuten. "Reden Sie darüber mit ihrem Taxifahrer und nicht nur mit Kollegen, die ohnehin alle die selbe Meinung haben wie Sie", sagte Langenberg.

Transparenz wichtig

Vertrauen erwerbe man sich am besten mit Transparenz und offener Kommunikation, so David King, wissenschaftlicher Chefberater der britischen Regierung von 2000 bis 2007. Sämtliche wissenschaftliche Grundlagen, die in dieser Zeit in Regierungsentscheidungen eingeflossen sind, wurden auch der Öffentlichkeit bekannt gemacht, sagte er. Dies habe nicht nur die Akzeptanz der Forscher und ihrer Ergebnisse erhöht, sondern auch die Fördersummen, die die öffentliche Hand zur Verfügung zu stellen bereit war.

Ebenso dürften die Wissenschafter nicht das Vertrauen in die Bevölkerung verlieren, mahnte er. Sie hätte in den vergangenen Jahren bewusst höhere Energiepreise in Kauf genommen, um erneuerbare Energien zu fördern und damit den Markt für sie zu öffnen. Dies geschah freilich, weil sich die Menschen des Klimawandels bewusst sind, vor dem die Forscher warnen. Freilich dürften die Wissenschafter sich auch nicht nur darauf beschränken, unangenehme Wahrheiten zu präsentieren, sondern sie müssten ebenso Lösungsmöglichkeiten erarbeiten und kommunizieren, meinte King. (APA, 27. 4. 2017)