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ÖBB-Konzernchef Andreas Matthä.

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Wien – Die Erleichterung war ÖBB-Konzernchef Andreas Matthä anzusehen. Er konnte am Donnerstag nach seinem ersten (Rumpf-)Jahr an der Spitze der ÖBB-Holding positive Nachrichten vermelden: Neuer Fahrgastrekord mit 461 Millionen Fahrgästen, alle Teilkonzerne bilanzierten positiv, und selbst der massiv unter Kosten- und Margendruck stehende ÖBB-Güterverkehr schloss das Jahr 2016 mit 44 Millionen Euro Vorsteuergewinn ab.

Bei all dem Jubel lohnt ein tieferer Blick. Denn über die Sechs-Milliarden-Schwelle gestiegene Gesamterträge verzerren das Bild der wirtschaftlichen Lage in Österreichs größtem Staatskonzern. Vom Konzernumsatz von 5,24 Milliarden Euro bleiben – nach Abzug von ÖBB-Holding und (staatlich finanzierter) ÖBB-Infrastruktur sowie Konsolidierung – im Personenverkehr Marktumsatzerlöse in Höhe von 1,895 Milliarden übrig: rund 18 Millionen mehr als 2016. Der Vorsteuergewinn stieg um 4,6 auf 81,9 Millionen Euro.

Allerdings erhöhten Bund, Länder und Gemeinden ihre Bestellungen von Nah- und Regionalverkehrszügen und -bussen um 70 Millionen auf eine Milliarde Euro. Nicht extra ausgewiesen werden von der Bahn die über den Familienlastenausgleichsfonds (Flaf) finanzierten Sozialtarife wie Schüler- und Lehrlingsfreifahrten. Ihr Volumen lag in den vergangenen Jahren zwischen 300 und 400 Millionen Euro.

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Woher die Markterlöse im Personenverkehr kommen, zeigt auch die Fahrgastentwicklung: Wohl ist die Steigerung von 458,8 auf 460,8 Millionen Passagiere neuer Rekord, davon kommen 216,6 Millionen Fahrgäste aber allein von der Bustochter Postbus, die fast ausschließlich im öffentlichen Nah- und Regionallinienverkehr unterwegs und daher auch öffentlich finanziert ist. Weitere 209 Mio. Fahrgäste sind in gleichfalls vom Staat finanzierten Zügen unterwegs, weitere 35 Millionen im Schienenfernverkehr. In Letzterem habe die Nachfrage, etwa über den Arlberg, spürbar angezogen, betonte Matthä. Insgesamt seien die Bahnpersonenkilometer im Vorjahr um 3,8 Prozent gestiegen.

Vorteilscard um 66 Euro

Mit einer neuen Vorteilscard, also einer Ermäßigungskarte, will die Bundesbahn noch mehr Fahrgäste anlocken. Dieses zusätzliche Vorteilscard-Angebot soll ab Sommer um 66 Euro erhältlich sein und nur online gekauft werden können. Die Vorteilscard Classic kostet derzeit 99 Euro.

Extrem unter Kosten- und Margendruck stand laut ÖBB-Führung die Gütersparte Rail Cargo Austria (RCA; inklusive ungarischer Güterbahn RCH). Auch sie weist einen zweistelligen Gewinn aus, der aber um 13 auf 44,3 Millionen Euro schrumpfte. RCA verdankt diesen, wie berichtet, zu einem Gutteil ihren Töchtern wie Technische Services und Produktion (Traktion). Für weitere TS-Auslastung ist gesorgt, sie macht Wartung und Instandhaltung der Züge des Konkurrenten Westbahn. Und weil sich die ÖBB mit Railjets auskennt, macht sie das zehn Jahre lang für die sieben blauen CD-Railjets der Tschechischen Staatsbahn. Auftragswert: 20 Millionen Euro.

Kohle geht aus

Die RCA habe die Kurve gekriegt, die Tonnage blieb mit 109 Millionen Nettotonnen unverändert. Von 2,079 Milliarden Euro an Umsatzerlösen bleibt nach Konsolidierung ein gegenüber 2015 um 27 Millionen auf 1,713 Milliarden Euro geschrumpfter Marktumsatz, in dem 80,6 Millionen an gemeinwirtschaftlicher Finanzierung (für Gefahrenguttransporte, rollende Landstraße etc.) inkludiert sind.

Man baue die Eigentraktion zu Nordsee- und Mittelmeerhäfen konsequent aus, könne rückläufige Rohstofftransporte aber kaum kompensieren. Die Stilllegungen von Kohlekraftwerken und die Ukraine-Krise ziehen Furchen. Den Rest erledigten der Dieselpreis und aufkommende Gigaliner, die Lkw-Transporte attraktiv machen. Die Tonnage habe RCA dennoch gehalten, sagte Matthä, und sich sogar auf Rang zwei in Europa vorgekämpft. (ung, 27.4.2017)