Maßarbeit von Ding Junhui ...

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... bringt Ronnie O'Sullivan zur Verzweiflung.

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Am Ende eine herzliche Umarmung.

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Sheffield – "Vor zehn Jahren beim Masters habe ich ihn besiegt und umarmt, und heute ist es genau umgekehrt. Ich wünsche ihm nur das Beste." Ronnie O'Sullivan ist nicht nur eine Legende, sondern auch ein emotionaler Mensch. Das sagt er selbst über sich, und das ist nach seiner Viertelfinalniederlage gegen Ding Junhui auch für die Zuschauer spürbar. O'Sullivan flüstert seinem siegreichen Kontrahenten noch ausführliche Worte der Anerkennung und der Ermunterung ins Ohr, bevor der 41-jährige Superstar die Arena des Crucible Theatres für heuer verlässt.

Ein anderer Spieler

Mit einer völlig verpatzten zweiten Session, in der weder Safety-Spiel noch Break Building klappten, hatte O'Sullivan sich für den dritten, am Mittwochnachmittag ausgetragenen Teil des Matches in eine mehr als schwierige Position gebracht. Zwar kommt "The Rocket" noch einmal auf zwei Frames Rückstand an Ding heran. Der aber beweist an diesem Tag gute Nerven. Selbst als O'Sullivan mit 146 Punkten noch das höchste Break des Turniers auf den Tisch zaubert, bleibt der Chinese ruhig, zieht sein Spiel durch und nutzt nahezu alle Chancen, die ihm aus den auch an diesem Tag nicht immer astreinen Safetys seines Gegners erwachsen.

Am Ende heißt es 13:10 für Ding, der letztlich absolut verdient ins Semifinale einzieht. "Er hat zu mir gesagt, dass ich jetzt ein anderer Spieler bin", verrät Ding später über O'Sullivans Abschiedsworte. Diese scheinen weise gewählt, denn der Nummer vier der Welt steht nun die vorzeitige Neuauflage der Finalpartie 2016 gegen Weltmeister Mark Selby bevor, gegen den Ding im Vorjahr noch unterlegen war.

Derselbe Selby

Und der Weltmeister ist auch dieses Jahr groß in Form: Selby lässt seinem starken Kontrahenten Marco Fu im Viertelfinale nicht den Hauch einer Chance und beendet das Duell bereits mit Abschluss der zweiten Session mit 13:3, quasi die Höchststrafe für den Mann aus Hongkong, der Selbys Dominanz danach nur neidlos anzuerkennen vermag: "Manchmal muss man einfach sagen: Gut gemacht." Selby zeigt sich mit seinem kristallklaren und mitunter beängstigend präzisen Spiel auch selbst zufrieden: "Ich glaube, ich habe im ganzen Match nur ein oder zwei Bälle verschossen, die ich hätte lochen müssen." Der Weltmeister scheint also ganz der alte zu sein.

Das zweite Halbfinale bestreiten mit Barry Hawkins und John Higgins am Donnerstag zwei Spieler, die im Turnier bisher beide durch Konstanz und Nervenstärke in schwierigen Situationen zu überzeugen wussten. Während der vierfache Weltmeister Higgins seinen Gegner Kyren Wilson mit 13:6 zu keinem Zeitpunkt ins Spiel kommen lässt, muss Hawkins für sein 13:9 gegen Routinier Stephen Maguire härter kämpfen. Der Engländer zieht damit bereits zum dritten Mal seit 2013 ins WM-Halbfinale ein.

Und Ronnie O'Sullivan? Der will nächstes Jahr wiederkommen: "Warum sollte ich aufhören? Ich liebe, was ich tue. Und die wahre Liebe liegt darin, das Queue aus dem Koffer zu holen." Ad multos annos, Ronnie. (Anatol Vitouch, 27.4.2017)