Wien – Einstimmig hat der Nationalrat am Mittwoch 300 Euro monatliche Rente für misshandelte Heimkinder beschlossen. Das Leid dieser Menschen könne nicht gutgemacht werden, räumte Redner aller Fraktionen ein – aber mit dem Gesetz werde eine "Geste der Verantwortung" gesetzt, unterstrich Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ).

Das Heimopferrentengesetz gesteht (geschätzt) rund 7.000 Menschen, die in Einrichtungen des Bundes, der Länder und der Kirche oder auch in Pflegefamilien missbraucht bzw. misshandelt wurden, ab Erreichen des Regelpensionsalters bzw. ab Pensionsantritt monatlich 300 Euro zu. Die Rente wird ab Juli ausbezahlt – für Fälle zwischen 1945 und 1999 (danach gilt das Verbrechensopfergesetz).

Anträge sind weiterhin möglich, dafür wird eine Kommission bei der Volksanwaltschaft eingerichtet. Das Gesetz – das als Regierungsvorlage ins Haus kam – wurde im Parlament noch erweitert. So wurden auch Opfer von kirchlichen Einrichtungen, Pflegefamilien oder Internaten aufgenommen und klargestellt, dass diese Rente nicht gepfändet, nicht auf sonstige Pensionen oder die Mindestsicherung angerechnet werden darf und jährlich valorisiert wird.

Parteienübergreifender Konsens

In der Debatte äußerten Redner aller Fraktionen Bestürzung über das System von Gewalt und Missbrauch – und auch darüber, dass so lange Zeit vertuscht und weggeschaut wurde. "Die erlittenen seelischen und körperlichen Wunden lassen sich nicht gutmachen", betonte Bures, aber mit dieser Rente "zeigen wir, dass uns das Schicksal der Kinder von damals keineswegs gleichgültig ist, sondern wir uns für sie verantwortlich fühlen".

"Ich war entsetzt, was diesen Jugendlichen an Grauslichkeiten angetan wurde", erzählte ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger von seiner Konfrontation mit den "Gräueltaten" rund um den Staatsakt im Parlament im November. Wichtig sei, dass mit dem Abänderungsantrag auch eine Millionen Euro für Prävention zur Verfügung gestellt werde.

Die FPÖ begrüßte das Gesetz ebenfalls, hatte aber darüber hinausgehende Wünsche: Die Verjährungsfristen für Kindesmissbrauch müssten verlängert werden oder entfallen, brachte Dagmar Belakowitsch-Jenewein vor. Ihr Fraktionskollege Peter Wurm hält 300 Euro für zu wenig – und will generell den Opferschutz ausbauen.

Auch die Grünen trugen "das Signal, dass man das, was passiert ist, ernst nimmt" mit. Die Rente dürfe aber "kein Schlussstrich sein, da gibt es noch viel aufzuarbeiten", mahnte Justizsprecher Albert Steinhauser. Besonders wichtig ist für ihn ebenso wie für Neos-Abgeordneter Gerald Loacker, dass die Rente auch weiterhin in Zukunft noch beantragt werden kann. Denn viele Opfer seien noch immer traumatisiert und könnten über diese Vorfälle noch nicht sprechen.

Die Gesellschaft müsse "alles tun, um Kinder zu schützen vor Gewalt und schlechten Einflüssen", verwies Waltraud Dietrich (Team Stronach) darauf, dass auch heute viele Kinder unter Gewalt und Missbrauch leiden. Es gelte, "wachsam zu sein, hinzuschauen, aufklären und zu handeln". Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) berichtete von vielen Briefen, in denen Betroffene danken, dass ihnen jetzt "erstmals zugehört" und "erstmals geglaubt" wird. Er wünschte sich, "dass wir solche Gesetze in Zukunft nicht mehr brauchen". (APA, 26.4.2017)