Die koreanische Halbinsel, gesehen von der Internationalen Raumstation ISS aus. Rechts leuchtet der gut entwickelte Süden strahlend hell, nördlich davon verschwindet die Volksrepublik Nordkorea in der nächtlichen Finsternis.

Foto: Nasa

Ein Vergleich von Wohlstandsindizes aus Umfragen des "Demographic and Health Survey" (DHS) und Nachtlicht-Emissionen in Pakistan zeigt, dass von der nächtlichen Helligkeit auch regional auf den dort herrschenden Wohlstand geschlossen werden kann.

Foto: Nils Weidmann, Sebastian Schutte

Konstanz – Man muss nicht unbedingt Wissenschafter sein, um auf Satellitenaufnahmen von der Nachtseite der Erde Industrieländer von Schwellen- oder Entwicklungsländern zu unterscheiden. Das klassische Beispiel dazu ist die koreanische Halbinsel: Im Norden steht die praktisch flächendeckend finstere Volksrepublik dem hoch entwickelten, dicht besiedelten und strahlend hellen Süden gegenüber. Nun haben Konstanzer Politikwissenschafter nachgewiesen, dass man aus Satelliten-Daten von Nachtlicht-Emissionen auch auf regionaler Ebene auf den dort vorherrschenden Wohlstand schließen kann.

Wohlstand spielt eine entscheidende Rolle in vielen Theorien zu Krieg und Frieden. Wirtschaftlicher Wohlstand beeinflusst viele politische und gesellschaftliche Variablen, ist aber in vielen Teilen der Welt schwer zu messen. Punktuell werden Wohlstands-Indizes über Umfragen ermittelt. Das ist jedoch nicht in allen Regionen der Welt möglich und insbesondere in solchen Ländern schwierig, an denen die Konfliktforschung besonders interessiert ist. Die Satelliten-Daten zur nächtlichen Licht-Emission können hier als alternative Datenquelle eingesetzt werden. Je genauer die Datenlage, desto präziser könnte beispielsweise geschätzt werden, inwieweit Wohlstand und Wohlstandsunterschiede das Konfliktrisiko beeinflussen, oder wie hoch der wirtschaftliche Schaden durch Gewalt in einer bestimmten Region ist.

Nils Weidmann und Sebastian Schutte von der Universität Konstanz haben zwei frei zugängliche Daten-Pools für ihre Untersuchung genutzt: Die Umfragedaten der "Demographic and Health Survey" (DHS) sowie Daten aus dem "Defense Meteorological Satellite Program" (DMSP), das die Satelliten-Daten liefert. Die Nachtlicht-Daten resultieren aus jeweils einjährigen Beobachtungszeiträumen, um so verfälschende Werte durch Wolken oder Waldbrände ausschließen zu können.

Mehr Licht, mehr Reichtum

Die Referenz liefern die Umfragedaten, die ebenso wie die Satelliten-Daten über geographische Koordinaten verortet werden. So können die beiden Daten-Sätze zusammengeführt und verglichen werden. Das im "Journal of Peace Research" veröffentlichte Ergebnis ist eindeutig: Mehr Licht korreliert mit mehr Reichtum, was an der pakistanischen Stadt Hyderabad beispielhaft gezeigt werden kann. Hier entspricht die höchste Licht-Emission dem Wohlstandsindex von 4,54 (Skala von 1 für arm bis 5 für reich). Dieser Wert entspricht einem sehr hellen Nachtlichtwert, während eine vergleichsweise arme Region (Wohlstandsindex von 1,82) wenig oder keine Nachtlichter emittiert. Ein solcher Vergleich wurde für mehr als 34.000 Umfrageergebnisse in rund 40 Ländern ausgeführt.

Die Ergebnisse zeigen, dass der Zusammenhang zwischen Wohlstand und Nachtlichtern in den meisten der untersuchten Länder sehr stark ist. "Wir können mit sehr hoher Genauigkeit vorhersagen, in welcher Rangordnung befragte Haushalte zueinander stehen", resümiert Sebastian Schutte, der Mitglied im Zukunftskolleg der Universität Konstanz ist. Ist bekannt, wo in einem Land sich diese Haushalte befinden, kann diese Methode auch für Regionen außerhalb der untersuchten Stichprobe eingesetzt werden.

Uneinheitliche Verhältnisse

Der Datenvergleich belegen, dass die Satelliten-Methode in der Lage ist, fehlende Daten zu ergänzen, wo Umfrageergebnisse nicht vorhanden sind. Obendrein liefert sie einen Weg, um das Wohlstandslevel von Ländern miteinander in Beziehung zu setzen. Allerdings ist das Verhältnis von Wohlstand und Licht im globalen Vergleich nicht einheitlich. Beispielsweise erreicht in Albanien die Licht-Emission einer wohlhabenden Region einen deutlich höheren Wert als in Liberia, weshalb Unterschiede zwischen Ländern berücksichtigt werden müssen. Ein reiches Land wie zum Beispiel Schweden auf diese Weise zu vermessen funktioniert nicht. Hier sind bewohnte Gegenden unabhängig von Wohlstand in der Nacht hell erleuchtet. (red, 29.4.2017)