Wien – Für das umstrittene "Experiment Tutti Kompletti", bei dem der Radiosender Kronehit Mutter und Tochter bei einer Brust-OP begleiten will, gab es einen Tag nach der Ankündigung "fast 300 Anmeldungen", sagte die stellvertretende Programmdirektorin Daniela Linzer der APA. Dem Vorwurf, es handle sich um eine verbotene Werbeaktion, widersprach Linzer. "Wir machen keine Werbung und kein Gewinnspiel."

Kein Problem sieht auch Kronehit-Geschäftsführer Ernst Swoboda. "Für mich ist unsere Aktion rechtlich und auch moralisch völlig einwandfrei", sagt er auf STANDARD-Anfrage. Das würde auch der "große positive Zuspruch" beweisen. Und: "Wir werden uns daher durch die jeder Grundlage entbehrende Anzeige nicht beeindrucken lassen."

Die SPÖ-Frauen haben bereits am Montag Anzeige gegen den Radiosender erstattet, weil die Aktion in ihrem Sinne eine verbotene Werbeaktion ist. Das Schönheitsoperationen-Gesetz (ÄsthOpG) verbietet seit 2013 Werbung für ästhetische Behandlungen und Operationen sowie Preisausschreiben, Spiele, Verlosungen oder vergleichbare Verfahren.

Anzeige übermittelt

Die Anzeige wurde sowohl der Bezirksverwaltungsbehörde als auch der Ärztekammer bezüglich des teilnehmenden Arztes übermittelt, sagte Bundesfrauengeschäftsführerin Andrea Brunner. Die Wiener Ärztekammer bestätigte das Einlangen der APA. Die Anzeige werde nun der Österreichischen Ärztekammer und dem dortigen Disziplinarrat weitergeleitet, der dann inhaltlich Stellung nimmt. Auch dem Werberat wurde das "Experiment" gemeldet. Dieser erklärte sich für unzuständig, es handle sich vielmehr um "einen Programmhinweis auf eine redaktionelle Aktion", sagte Werberat-Geschäftsführerin Andrea Stoidl.

"Jede Frau das Recht, selbst über ihren Körper zu bestimmen"

Kronehit will die Anzeige bei Einlangen rechtlich prüfen, kündigte Linzer an. Sie stellte im Gespräch mit der APA dezidiert in Abrede, dass es sich um ein Gewinnspiel handelt und betonte, "dass viele Frauen die Operation gerne machen würden". Eine Frau habe dem Radiosender beispielsweise geschrieben, "der Gewinn würde mein Selbstwertgefühl steigern", schilderte Linzer. Außerdem habe "jede Frau das Recht darauf, selbst über ihren Körper zu bestimmen. Wer eine Brust-OP machen will, sollte das auch tun dürfen, ohne dafür angegriffen zu werden", konstatierte die stellvertretende Programmdirektorin.

Hintergrund des "Experiments" sei ein Anruf einer Frau in einer Sendung gewesen, in der sie von der gemeinsamen Operation mit ihrer Mutter erzählt hätte. "Uns interessiert, gibt es mehr Mutter-Tochter-Paare die aus individuellen Gründen eine Brust-OP wünschen?" Diese sei ein "weitreichender Eingriff", Kronehit wolle jedenfalls "mit allen Für und Wider und rechtlichen Auflagen" über die Operation berichten. Außerdem betonte Linzer, dass der Radiosender Frauen "nicht als Experiment" sieht. "Das Experiment 'KRONEHIT Tutti Kompletti' stellt kein Gewinnspiel dar", informiert der Radiosender in seinen Teilnahmebedingungen auf der Homepage. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Teilnehmerinnen ein Honorar von je 5.000 Euro für Bild, Film und Tonaufnahmen, Studiobesuche und PR-Termine erhalten. (APA, red, 25.4.2017)