Wien – Die Regierung hat im Ministerrat am Dienstag die "Arbeitsdefinition von Antisemitismus" der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) angenommen. Mit der zustimmenden Kenntnisnahme des von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) eingebrachten Ministerratvortrags wolle man ein "innerstaatliches und internationales Signal" setzen, sagte ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka zur APA.

Mit der vom der IHRA – eine internationale Institution mit 31 Mitgliedsstaaten – im Mai des Vorjahres angenommenen Definition "liegt erstmals ein von einem zwischenstaatlichen Forum anerkannter Text vor, der als allgemeingültige Definition von Antisemitismus dessen Identifizierung und Bekämpfung erleichtern soll", heißt es im Ministerratvortrag. Die Definition lautet: "Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen."

"Im Hinblick auf die besondere Verantwortung Österreichs bei der Bekämpfung von Antisemitismus und die innerstaatliche und internationale Signalwirkung soll die Arbeitsdefinition nun auch in Österreich übernommen werden. In Umsetzung der Empfehlungen der IHRA kann die Arbeitsdefinition von Antisemitismus beispielsweise in der Schul- und Erwachsenenbildung sowie bei der Ausbildung in den Bereichen Justiz und Exekutive verwendet werden", heißt es im Regierungsbeschluss.

Lopatka sagte dazu, es sei nun an der Zeit, dass Österreich diese Definition auch übernehme. Es selbst sei im vergangenen Mai zuletzt in Israel gewesen und habe dort auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besucht "und zahlreiche Gespräche mit israelischen Politikern geführt", diese Eindrücke hätten sich tief in seine Erinnerung eingebrannt. "Wir müssen alles tun, damit Auswüchse, die solche Gräuel zur Folge haben könnten, schon in den Keimen erstickt werden. Darum ist mir diese Antisemitismus-Definition so wichtig", so Lopatka.

IKG begrüßt Entscheidung

Die Israelitische Kultusgemeinde Wien hat die Annahme der Antisemitismus-Definition am Dienstag begrüßt. Damit sei ein seit Jahren vorgetragenes Anliegen der Jüdischen Gemeinden und des Staates Israel erfüllt worden, sagte IKG-Präsident Oskar Deutsch in einer Aussendung.

Erfreut zeigte sich Deutsch auch über den Zeitpunkt des gesetzten Beschlusses: "Der zeitliche Zusammenhang mit dem gestrigen Gedenktag Jom Haschoa ist wohl nicht zufällig gewählt und ein wichtiges Zeichen." Er hofft nun darauf, dass "in absehbarer Zeit" weitere Regierungen dem Beispiel Österreichs und Großbritanniens folgen.

Die Entscheidung des Ministerrats bezeichnete der IKG-Präsident als einen "Meilenstein im Kampf gegen Antisemitismus". Besonders hervorzuheben sei, "dass darin auch Formen des Antisemitismus, die sich hinter der sogenannten 'Israelkritik' verstecken, benannt werden. Besonderheiten wie u. a. Maßstäbe betreffend das Verhalten des Staates Israels (double standards), die bei keinem anderen demokratischen Land Anwendung finden, sind Teil dieser Definition." (APA, 25.4.2017)