Die Zustände sind chaotisch, aber nahrhaft. Kristoffer Nowak, Antje Weiser, Marion Fuhs, Hans Danner und Andreas Wobig (v. li.).

Foto: Tiroler Landestheater

Innsbruck – Ist es eine Tragödie? Ist es eine Komödie? Nein, Roland Schimmelpfennigs Erfolgsstück Der goldene Drache ist eine bittere Farce. Fünf Schauspieler fressen sich durch je drei bis vier Rollen, wobei es ihnen nicht gegönnt ist, das Menü ruhig zu genießen. Der Autor jagt sie durch Stakkatodialoge und Short-Cuts und streut darüber hinaus noch Speisendeklamationen und Regieanweisungen als Zwischenhäppchen ein.

Spielstätte ist zunächst die titelgebende China-Vietnam-Thai-Restauration zu ebener Erde, wo fünf Asiaten auf engstem Küchenraum gemimt werden. Rasch wechseln die Konstellationen zu den oberen Stockwerken eines Mietshauses irgendwo im Westen: einem zankenden Pärchen; einem reiferen Paar, das sich trennt; dem lieben Großvater und der süßen Enkelin; der Frau in rotem Kleid und dem Mann mit dem gestreiften Hemd; zwei Stewardessen und dem Greißler von nebenan. Die Fusion-Beziehungssuppe würzen zudem die biedere Ameise und die kokette Grille aus La Fontaines Fabel als surreale Ingredienz.

Tödlich auskuriert

Die Handlung setzt schmerzhaft ein: "Der Kleine", Jüngster in der Küche, leidet unter furchtbarem Zahnweh. An sich ein alltägliches Problem, wird es im weiteren Spielverlauf tödlich auskuriert, denn ein papierloser Illegaler wird nicht behandelt. Das ist der Grundtenor des Stücks: Die Zustände auf der Welt sind kariös, die Behandlung unfair.

Elisabeth Gabriel, die in der Aufführung an den Innsbrucker Kammerspielen Regie führt, beweist eine gute Hand für das, was Schimmelpfennigs Stück erfolgreich macht. Auf der Bühne geht es rasant zur Sache, Sound und Licht konturieren die Cuts geschickt. Ihre Requisiten schieben die fünf Schauspieler im Einkaufswagen: Perücken, Textiles, Masken, Fächer und die Winkekatze, die asiatische Gastfreundschaft repräsentiert. Das Unglück? Ist groß und verdirbt die zubereitete Beziehungssuppe.

Am schlimmsten trifft es die Grille (Kristoffer Nowak), eine exotische Delikatesse, die der perfide Greißler alias Ameise (Antje Weiser) Freiern anbietet. Der entromantisierte Liebhaber (Andreas Wobig), der kein Vater werden will, und der geile Großvater verleiben sie sich ein und spucken sie frustriert wieder aus. Am Ende eines langen Winters ist sie tot, gerade so wie der gezogene Schneidezahn, den die perverse Stewardess (Hans Danner) verkostet.

Das Premierenpublikum quittierte Menü und Service mit lang anhaltendem Applaus. Fazit: Fastfood zwar, aber als China-Vietnam-Thai-To-Go empfehlenswert. (Bernhard Sandbichler, 23.4.2017)