Den Charme seiner Altbauwohnung zu erhalten ist Musikproduzent und Autor Christopher Just wichtig. Er hat es gern, wenn Dinge eine Geschichte erzählen. Den Besucher beschleicht das Gefühl, er hat die Wohnung von seiner Großmutter übernommen.

"Als ich das erste Mal in dieses Haus gekommen bin, hat es ausgeschaut wie in Neapel. Teilweise lagen Ziegel frei, der Verputz war herunten, aber es war eine tolle Atmosphäre. Ich war vom ersten Moment an begeistert, es war sozusagen Liebe auf den ersten Blick. Ich hatte das Gefühl: "Das bin ich." Noch nie zuvor war ich in einer Wohnung, bei der ich auf Anhieb gedacht habe, dass ich hier alt werden will. Das kann ich mir noch heute sehr gut vorstellen.

Mit Frau, einem Stofftiger und zwei realen Katzen lebt Just in seiner Altbauwohnung.
Foto: Daniel Gebhart de Koekkoek

Ich halte mich im Prinzip ständig und täglich in dieser Wohnung auf. Ich fühle mich hier so wohl, dass ich mich manchmal wirklich überwinden muss, auch einmal spazieren zu gehen. Die meiste Zeit verbringe ich im Arbeitszimmer. Während ich mein Buch geschrieben habe, waren es acht bis 14 Stunden am Tag. Ich bin sehr froh, dass ich mich nicht in irgendwelche anderen Arbeitsräumlichkeiten begeben muss, sondern hier bleiben kann. Schon allein der Weg woanders hin würde mich von der Arbeit ablenken, daheim bleibe ich konzentrierter.

Außen wurde das Haus mittlerweile renoviert, hier drinnen haben wir alles "alt" gelassen. Mir gefällt, dass die Türen abgeschlagen und nicht neu gestrichen sind, ihr Farbton gelblich und nicht weiß ist. Wir haben auch extra das Badezimmer nicht neu verputzt, weil ich will, dass Dinge noch eine alte Geschichte erzählen. Wenn ich eine abgeschlagene Wand sehe, macht mich das glücklich – die Dinge "leben" auf diese Art und Weise. In neu renovierten Altbauwohnungen wird alles weiß gemacht, dadurch wirkt es eiskalt. Wir haben deshalb versucht, in dieser Wohnung so viel wie möglich zu erhalten. Die Wohnung hat mich dann auch zu dem inspiriert, wie sie eingerichtet ist. Oft fragen Besucher, ob ich die Wohnung von meiner Großmutter übernommen habe.

Die meisten Möbel und Gegenstände in Christopher Justs Wohnung sind Fundstücke.
Foto: Daniel Gebhart de Koekkoek

Ein Lampenfetischist O Ich hätte gerne noch viel mehr Möbel, aber es passt nichts mehr rein. Das meiste sind Fundstücke. Von den anonymen Ikea-Teilen wollte ich mich endgültig verabschieden. Ab einem gewissen Alter sollte man Möbel haben, die einem ans Herz wachsen können. Wir wollten uns Dinge anschaffen, die uns eine Geschichte erzählen, mit denen wir uns wohlfühlen und die vor allem nicht alltäglich sind. Die 1960er-Jahre sind schon lange mein Faible. Generell bin ich ein Lampenfetischist. Licht ist für mich eine extrem wichtige Sache, damit macht man 50 Prozent des Feelings in einem Raum. Ich liebe schöne Lampen, aber das Deckenlicht schalte ich dennoch fast nie an, weil es mir einfach zu hart ist. Lieber mag ich viele kleine verteilte Lichtquellen, das verschafft ein wohliges Gefühl.

Foto: Daniel Gebhart de Koekkoek

Mein Lieblingsstück in der Wohnung ist aber eindeutig der Ofen. Den hat meine Frau gemacht, sie hat auf der Angewandten Keramik studiert, und das war ihre Diplomarbeit. Ich finde den Witz dahinter einfach toll – es ist ein Holzofen, der die Form eines Ölfasses hat. Auch der Fernseher ist ein besonderes Stück, ein B&O MX 7000 aus den frühen 90er-Jahren, bis heute habe ich keinen Flat- Screen-Fernseher. Der Sound ist super, und er schwenkt sich in die Richtung, in der man sich befindet. Zum Fernsehen muss der Raum aber nächtlich sein, ich hasse es, am Tag fernzusehen – das ist wie Schuleschwänzen, das darf man einfach nicht.

Foto: Daniel Gebhart de Koekkoek

Eine Freundin hat einmal zu mir gesagt, bei uns hätte man das Gefühl, man sei in einer dieser Woody-Allen-Filmwohnungen, das hat mich irrsinnig gefreut, weil ich ein großer Fan bin. In diesen Filmen ist die Stimmung so warm, alles ist in Gelb- und Brauntönen. Das bin ich, ich bin ein Holz-Mann sozusagen. Mein bester Freund hält das gar nicht aus, der will nur kühle Dinge – Glas, Chrom usw. Ich mag Holz. Vielleicht hat es damit zu tun, dass mein Vater Tischler war. Ich bin mit dem Geruch von Holz aufgewachsen und auch mit der Liebe zum Material. Ich habe regelmäßig und sehr gerne Besuch, deshalb ist die Wohnung prinzipiell auch immer empfangsbereit. Mir ist wichtig, dass sich Besucher hier wohlfühlen. Hier ist es auch immer sehr harmonisch, selbst wenn 30 Leute da sind, werden sie nicht "deppert", sondern sehr persönlich zueinander. Das liegt an der Wohnung, sie verbreitet eine ganz eigene Stimmung bei ihren Besuchern." (Bernadette Redl, 28.4.2017)