Wien – Jährlich werden in Österreich tausende Jahresberichte produziert, in welchen Organisationen Rechenschaft über ihre Leistungen ablegen. Diese freiwilligen Nachweise können wie professionell gestaltete Hochglanzbroschüren daherkommen oder als unscheinbare Bilanzen für Mitarbeiter. "Jahresberichte werden zwar oft als externe Marketinginstrumente eingesetzt, vor allem kleinere Einrichtungen nutzen sie mitunter aber auch für eine realistische Rückschau und Selbstreflexion", sagt Anahid Aghamanoukjan, die für ihre Dissertation an der Wirtschaftsuni Wien 640 Jahresberichte von 110 sozialen Organisationen in Österreich durchforstet hat.

So komme es auch vor, dass man sich in diesen Berichten durchaus differenziert mit den Erwartungen rund um den gehypten Begriff der "Innovation" auseinandersetzt, während in vielen Hochglanzbroschüren kein noch so kleines Projekt ohne das schmückende Adjektiv "innovativ" abgefeiert wird.

Gefördert werde diese papierene Innovations-Überflutung nicht zuletzt durch diverse EU-Programme, deren Gelder oft nur in dezidiert "innovative" Projekte fließen. Mittlerweile wurde die "Innovations-Flut" durch einen neuen In-Begriff etwas zurückgedrängt: Nachhaltigkeit.

Trotzdem: "Grundsätzlich halte ich Jahresberichte für ausgesprochen sinnvoll", resümiert die Wirtschaftswissenschafterin. Einen Rat hat sie nach der Analyse hunderter Berichte für deren Herausgeber aber doch: "Für die Organisationen bringt es mehr, institutionelle Normen wie die (Selbst-)Verpflichtung zu "Innovation" und "Nachhaltigkeit" zu hinterfragen, auch wenn man sie als Label verwendet."

Hauptberuflich ist die 40-Jährige wissenschaftliche Mitarbeiterin der ersten österreichischen FernFH in den Fächern Betriebswirtschaft und Wirtschaftspsychologie. "Ich finde die Lehrtätigkeit hier besonders spannend, weil die Studierenden meist schon älter sind und berufliche Erfahrung einbringen." (grido, 23.4.2017)