In Südamerika nahmen Riesenfaultiere die Nische von Elefanten ein.

Illustration: Robert Bruce Horsfall, „A history of land mammals in the western hemisphere“

Die ersten Fossilien der erstaunlichen Tiere waren bereits Ende des 18. Jahrhunderts gefunden worden.

Illustration: Joseph Smit, „Extinct Monsters; a Popular Account of Some of the Larger Forms of Ancient Animal Life'

Frankfurt – Die ökologische Nische, die in der Alten Welt Elefanten und andere Rüsseltiere besetzten, sicherten sich im lange Zeit isolierten Südamerika ausgerechnet die Faultiere. Während heutige Faultiere in Bäumen leben und höchstens etwa zehn Kilogramm schwer werden, gab es dort im Verlauf der Erdneuzeit zahlreiche bodenbewohnende Arten – und auch mindestens eine semiaquatisch lebende –, die teilweise Riesenwuchs erreichten.

Zu den allergrößten Arten gehörten Angehörige der Gattung Megatherium, die mit einer Länge von sechs Metern und einem Gewicht von bis zu sechs Tonnen die Dimensionen eines Afrikanischen Elefanten erreichten. Mit dieser Formel waren sie evolutionär gesehen recht erfolgreich: Megatherien entwickelten sich vor etwa fünf Millionen Jahren und starben erst vor etwa 8.000 Jahren aus – verdächtig nahe an dem Zeitpunkt, zu dem sich der Mensch auch in Südamerika auszubreiten begann.

Fleischbeilage oder nicht?

Nicht zuletzt aufgrund ihrer Verwandtschaft wurden Megatherien stets als Pflanzenfresser betrachtet. Manche Forscher vertraten aber auch die These, dass sie ihre vegetarische Diät mehr oder weniger regelmäßig mit Fleisch ergänzten.

Anlass für Spekulationen boten vor allem die mächtigen Krallen der Riesen: Sie könnten damit Insektenbauten aufgerissen haben – vielleicht aber auch herumliegendes Aas. Da sie wegen ihrer Größe so gut wie unangreifbar waren, gab es auch die Hypothese, sie könnten gewohnheitsmäßig aktive Jäger von deren Beute verscheucht haben, um sich am Fleisch zu bedienen. (Eine aktuelle Studie verdächtigt Riesenfaultiere indes, mit ihren Krallen große Höhlen angelegt zu haben, die in Brasilien entdeckt wurden.)

Die Untersuchung

Wie groß die Fleischbeigabe in der Riesenfaultierdiät war, blieb jedoch stets offen. Eine Studie deutscher Forscher siedelt sie nun bei null an, wie das Frankfurter Senckenberg-Forschungsinstitut berichtet. Ein Team um Hervé Bocherens von der Universität Tübingen analysierte dafür die Knochen von Megatherien, die in Argentinien gefunden worden waren.

"Wir haben die Kohlenstoffisotopenzusammensetzung – den Anteil von Protein- und Mineralgehalt – in den fossilen Faultierknochen gemessen", sagt Bocherens. "Bei Fleischfressern ist der Anteil von Proteinen sehr viel höher als bei Pflanzenfressern, die überwiegend kohlenhydratreiche Nahrung zu sich nehmen. Diese Unterschiede lassen sich in den Isotopen nachweisen."

Anschließend verglichen die Wissenschafter ihre Daten mit über 200 Knochen rezenter Säugetiere, deren Ernährung bekannt ist, sowie mit fossilen Funden von ebenfalls eindeutig zuordenbaren Fleisch- und Pflanzenfressern. Das Ergebnis war laut Bocherens eindeutig: Die Megatherien waren reine Pflanzenfresser. (red, 22. 4. 2017)