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Schon am Sonntagabend (Bild) hatte es in der ungarischen Hauptstadt eine Kundgebung gegeben, deren Teilnehmer gegen den Beschluss der Orbán-Regierung protestiert hatten. Für Mittwochabend wurde wieder auf die Straße gerufen.

Foto: AP / MTI / Zoltan Balogh

Die EU-Kommission sieht die Verabschiedung eines neuen Hochschulgesetzes, das die Existenz der von George Soros gestifteten Central European University (CEU) in Budapest bedroht, nicht als eine "systematische Bedrohung" von EU-Recht an. Sie wird diesbezügliche Beschlüsse der rechtsgerichteten Regierung von Viktor Orbán und des ungarischen Parlaments einer legistischen Prüfung unterziehen. Ende April soll entschieden werden, ob das Kollegium in Brüssel ein formelles Vertragsverletzungsverfahren einleitet.

In Budapest demonstrierten am Mittwoch erneut mehrere Tausend Menschen gegen den Schließungsplan. Sie wurden von einem stärkeren Polizeiaufgebot als bisher begleitet.

Das sind im Kern die Beschlüsse der Kommission bezüglich Ungarns, die der für Grundrechte zuständige Vizepräsident Frans Timmermans am Mittwoch erläutert hat. Man wolle Ungarn zu einem "umfassenden Dialog" einladen, nicht nur mit zentralen EU-Institutionen, sondern auch mit Regierungen der Mitgliedstaaten.

Maßnahmen korrigieren

Ziel sei es, dass die Regierung in Budapest von sich aus zur Einsicht komme, ihre gegen den Geist der EU-Verträge und der Grundrechtscharta gerichteten Maßnahmen eventuell zu korrigieren, sagte Timmermans. Es gehe bei diesen Aussprachen nicht nur um Zweifel am Hochschulgesetz, sondern ebenso um die umstrittenen Asylgesetze oder die angekündigte Volksbefragung "Stoppt Brüssel!". Seit Monaten beherrschen antieuropäische Angriffe aus der Orbán-Regierung und seiner Fidesz-Partei die Schlagzeilen.

Auffällig an der Mitteilung der Kommission war, dass sie deutlich zwischen Polen und Ungarn unterscheidet. Gegen die Regierung in Warschau läuft seit einem Jahr ein Verfahren nach Artikel 7 wegen "systematischer Bedrohung" der Rechtsstaatlichkeit aufgrund des Vorgehens der Regierung gegen das unabhängige Verfassungsgericht.

In dem Fall droht (theoretisch) ein Stimmenthebungs- oder EU-Ausschlussverfahren. Bisher gibt es keine greifbaren Ergebnisse. Bei Ungarn gehe es um etwas anderes, betonte Timmermans. Die Kommissare seien "besorgt". Sollte es in Budapest "keine positiven Entwicklungen" geben, seien rechtliche Schritte denkbar. Die Errichtung der Europäischen Universität nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sei eine "Perle in der Krone Mitteleuropas" gewesen.

Lob für Österreich

Weiterhin scharfe Kritik an Orbán kommt aus dem EU-Parlament: Der ÖVP-Abgeordnete Othmar Karas fordert eine "politische Auseinandersetzung mit dem schleichenden Nationalismus"; der SP-Abgeordnete Josef Weidenholzer will Sanktionen der EU wie auch der Europäischen Volkspartei (EVP), wo Fidesz Mitglied ist.

Auch auf einem anderen Feld, dem EU-Umsiedelungsprogramm für Flüchtlinge (Relocation), fallen Polen und Ungarn auf: Laut Innenkommissar Dimitris Avramopoulos seien die beiden die einzigen EU-Länder, die explizit keinen Asylwerber aus Italien oder Griechenland aufnehmen wollen.

Nur Finnland und Malta sind voll im Plan. Entspannung und Lob gab es für Österreich, das laut Avramopoulos "voll zu seinen Verpflichtungen" stehe, die 50 angekündigten jugendlichen Asylwerber aus Italien würden doch umgesiedelt. Kanzler Christian Kern (SPÖ) hat in einem Brief an EU-Kommissionspräsdent Jean-Claude Juncker appelliert, Österreich wegen seines starken Engagements Ausnahmen zu gewähren. Darüber wollen die beiden auch weiterreden, hieß es. (Thomas Mayer aus Brüssel, 12.4.2017)