Bohrbroben vom Meeresgrund liefern Hinweise darauf, dass Mikroorganismen tiefer als bisher gedacht in die Erdkruste eingedrungen sein könnten.

Foto: Oliver Plümper, Utrecht University

Utrecht – Wie widerstandsfähig manche Organismen gegenüber unfreundlichen Umweltbedingungen sein können, überrascht die Forscher stets aufs neue. Mikroben gedeihen im ewigen Eis der Pole ebenso wie in heißen Quellen – ja, selbst der Aufenthalt im Vakuum des Alls kann manchen von ihnen nichts anhaben. Auch tief in die Erdkruste ist das Leben vorgedrungen: Der Bakterien-verzehrende Fadenwurm Halicephalobus mephisto beispielsweise wurde 2010 in einer Rekordtiefe von 3,6 Kilometern in einer Goldmine in Südafrika entdeckt. Bakterien wurden sogar ein paar hundert Meter darunter registriert.

Noch tiefer wird es allerdings selbst für die zähesten Einzeller schwierig – oder so dachte man zumindest bisher. Ein Forscherteam um Oliver Plümper von der Universität Utrecht entdeckte in der Tiefsee nun Hinweise darauf, dass Mikroorganismen sogar bedeutend tiefer in der Erdkruste gedeihen könnten, als man für möglich hielt.

Proben aus dem Schlammvulkan

Die Wissenschafter analysierten insgesamt 46 Bohrkerne, die ein Tauchroboter in der Nähe des Marianengrabens im westlichen Pazifik an die Oberfläche gebracht hatte. Die Proben enthielten unter anderem Serpentinit, das der Schlammvulkan South Chamorro aus mehreren Kilometern Tiefe bis zum Ozeanboden, der an dieser Stelle 3.000 Meter unter dem Meer liegt, empor transportiert hat.

In diesem Serpentinit stießen die Wissenschafter zu ihrer Überraschung auf organische Stoffe, die große Ähnlichkeit mit Nukleinsäuren und Proteinen von Bakterien aufwiesen. Dies allein wäre schon ein solider Hinweis darauf, dass tief unter dem Meeresgrund Mikroorganismen existieren. Auf Basis der gesammelten Daten errechneten Plümper und seine Kollegen, in welcher Tiefe unter dem Ozeanboden eine Temperatur von 122 Grad Celsius herrscht. Nach bisherigen Erkenntnissen können Mikroben diese kritische Marke gerade noch ertragen.

Geschützt vor dem Weltuntergang

Das verblüffende, im Fachjournal "PNAS" veröffentlichte Ergebnis: An dieser Stelle des Ozeans, dem sogenannten im Marianen-Vorbogen würde dieser Wert erst in zehn Kilometern Tiefe erreicht. Theoretisch könnte damit noch 10.000 Meter unter dem Meeresboden Einzeller gedeihen. Sollte sich diese These bestätigen, dann könnten die Wissenschafter eine Antwort auf die Frage entdeckt haben, wie das Leben auf der Erde trotz radikaler Massenaussterbe-Ereignisse immer wieder neu erblühen konnte: Tief im Inneren der Erdkruste war es geschützt vor den Auswirkungen globaler Katastrophen. (tberg, 13.4.2017)