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Beim elften Fachhochschul-Forschungsforum präsentieren die österreichischen Fachhochschulen am 19. und 20. April an der Fachhochschule Internationales Management Center Krems aktuelle Forschungsergebnisse. Die Palette reicht von Gesundheit über Mobilität bis hin zu demografischer Forschung – ein Rundblick.

Die Stimme der Patienten hören

Krems – Ob eine Behandlung dauerhaft erfolgreich ist, hängt maßgeblich von ihrer Akzeptanz ab. Bei der Entwicklung therapeutischer Maßnahmen sollte daher die Perspektive der Patienten eine wichtige Rolle spielen. "Durch ihren anwendungsorientierten Ansatz bekommen Fachhochschulen diesbezüglich viele Rückmeldungen aus der Praxis, die sie in konkrete Projekte umsetzen", sagt Mona Dür vom Department Health Sciences der FH Krems.

Als Moderatorin des Panels "Stimme der PatientInnen in der Gesundheitsversorgung" kann sie auf eine Reihe aktueller FH-Projekte verweisen, die sich um eine verstärkte Einbindung der Patientenbedürfnisse bemühen. So wurde etwa an der FH Wr. Neustadt ein Instrument zur Befundung von Kindern zwischen vier und sechs Jahren auf der Basis von Bildern entwickelt, mit dem die Patienten besser als mit Worten vermitteln können, wie es ihnen geht und wo ihre Probleme liegen.

Um eine adäquate Selbsteinschätzung von Patienten im physiotherapeutischen Prozess zu fördern, haben Lehrende und Studierende an der FH Burgenland ein System namens "Physiologik" erarbeitet, und von der FH Wr. Neustadt stammt eine eigene "Life-Balance-App" für Kinder. Auch gewisse medizinische Praktiken wurden auf dem Forschungsforum in Linz hinterfragt: "Obwohl vaginale Untersuchungen während der Geburt ohne Indikation nicht erforderlich sind, werden sie in der Praxis routinemäßig durchgeführt", sagt Dür. "Von den Frauen werden diese oft unnötigen Untersuchungen als sehr unangenehm erlebt." (grido)

Foto: APA/BARBARA GINDL

Optimale Katalysatoren für Stadtbusse

Innsbruck – Man kann nicht über Transport reden, ohne den notwendigen Energieaufwand mitzudenken. Und man kann nicht über Energie reden, ohne sich Gedanken über die Umwelt zu machen. Die drei sich gegenseitig beeinflussenden Forschungsfelder stehen deshalb im Zentrum des Panels "Energy, Environment & Transportation", das beim FH-Forschungsforum vom MCI Management Center Innsbruck, von der FH Joanneum und der FH Kärnten gemeinsam veranstaltet wird.

"Diese anwendungsbezogenen Forschungsthemen liegen weitgehend bei den Fachhochschulen, die eine ganze Reihe von Studiengängen dazu bieten. Dementsprechend viele Einreichungen sind eingelangt", berichtet Moderator Lukas Möltner, der den Fachbereich General Engineering & Verfahrenstechnik am MCI leitet. Mit 19 Einreichungen aus neun FHs wuchs das Panel zum größten des Forschungsforums und wird auf drei Sessions aufgeteilt.

Wie kann man Katalysatoren und Abgasnachbehandlungsanlagen in Stadtbussen mit ihren Stop-and-go-Rhythmen optimieren und Emissionen senken? Welchen Einfluss auf den Schadstoffausstoß haben Ampelschaltungen hin zu einer "grünen Welle"? Wie kann man Energie aus Windkraftanlagen unter Einsatz von Speichertechnik am besten in der Erzeugerregion´ halten? Das sind nur drei der Forschungsfragen, zu denen Arbeiten präsentiert werden. Möltner: "Das Panel ist bewusst multidisziplinär gehalten. Es soll den Austausch verschiedener Fachbereiche wie Maschinenbau, Elektrotechnik oder Mechatronik ermöglichen." (pum)

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Wie sich Straßen auf die Gesundheit auswirken

Graz – Ernsthafte Gesundheitspolitik umfasst mehr als die Versorgung der Bevölkerung mit Ärzten und Krankenhäusern. Sie muss das Thema Gesundheit in unterschiedlichsten Kontexten wahrnehmen. Auf die Gesundheit der Menschen wirkt sich der Bau einer Straße ebenso aus wie der Klimawandel, die Wohn- und Arbeitssituation, die Bildung, das Einkommen oder der Zustand von Luft, Wasser und Boden.

Diesem ganzheitlichen Ansatz ist beim heurigen FH-Forschungsforum ein eigenes Panel gewidmet. "Ein Baustein zur praktischen Umsetzung dieses Gesundheitsverständnisses ist die Gesundheitsfolgenabschätzung", sagt Moderatorin Bianca Fuchs-Neuhold vom Health Perception Lab der FH Joanneum. Zwar ist eine solche Gesundheitsfolgenabschätzung etwa bei Straßenbauvorhaben oder Wohnbauförderungsprogrammen in Österreich noch nicht – wie in anderen Ländern – verbindlich, doch entsprechende Forschungsprojekte werden bereits durchgeführt. Im Zusammenhang mit dem Ausbau der B68 in der Steiermark hat die FH Joanneum Handlungsempfehlungen für Politiker erarbeitet, um die Gesundheitsbelastung der Anrainer im Gefolge des Straßenausbaus möglichst gering zu halten und aus dem Bau sogar Zusatzvorteile zu generieren.

In einem anderen Projekt wurden die Auswirkungen des verpflichtenden Kindergartenjahres und von Ganztagsschulen auf die Gesundheit ermittelt, an der FH Oberösterreich haben Forscher und Studierende die Gesundheitsfolgen unterschiedlicher Gebäude abgeschätzt. (grido)

Foto: STRABAG

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Die Vielfalt der Menschen nutzen

Wien – Geschlecht, Alter, Fähigkeiten, Herkunft – Menschen unterscheiden sich durch vielfältige Merkmale. Für Unternehmen und Organisationen ist es ein Vorteil, diese Diversität in ihren Strukturen abzubilden, so die Beraterin und an der Ferdinand-Porsche-Fern-FH tätige Sozial- und Wirtschaftswissenschafterin Roswitha Hofmann. "Je mehr Perspektiven ich zur Verfügung habe, desto mehr Lösungsansätze kann ich produzieren. Je mehr Lebensrealitäten ich abbilde, umso stärkere Sensoren habe ich für die Dinge, die von außen auf eine Organisation zukommen."

Es braucht also Antworten auf die Frage, wie man Diversität nutzbar macht. Forschungsergebnisse aus diesem Bereich werden im Panel "Diversitäten in Organisationen" zusammengetragen, das Hofmann moderiert. Bei den Beiträgen aus sechs unterschiedlichen FHs geht es auch darum, wie Diversität an Hochschulen weiterentwickelt werden kann.

Institutionelle Diversität ist dabei ein Thema. "Die Zusammenarbeit unterschiedlicher Departments ist keine triviale Sache", sagt Hofmann. Verschiedene Arbeitsstile und Problemlösungsstrategien treffen aufeinander. In einer Welt, in der nur trans- und interdisziplinäres Arbeiten zum Ziel führt, müsse man sich eingestehen, dass man den anderen braucht.

Die Verbesserung der Diversität ist an fast allen FHs ein Thema. "Technische FHs bemühen sich etwa massiv um Diversität. Produkte, die aus der Forschung entstehen, sollen eine möglichst breite Zielgruppe erreichen", gibt Hofmann ein Beispiel. (pum)

Foto: APA/EPA/MARCELO SAYAO

Jungsein und Altwerden auf dem Land

Klagenfurt – Mit Demografie verbindet man oft eher statistische und theoretische Ansätze im Zusammenhang mit Bevölkerungsstrukturen. Dass man auch anwendungsorientierte und praxisnahe demografische Forschung betreiben kann, zeigt das Forschungszentrum Institute for Applied Research on Ageing (IARA) der FH Kärnten. Hier will man den Herausforderungen einer älter werdenden Gesellschaft mit konkreten Initiativen begegnen.

Dass die Einrichtung gerade hier gegründet wurde, ist kein Zufall. "Kärnten liegt im Vergleich zu anderen Bundesländern bei der Fertilität und Zuwanderung hinten, bei der Alterung vorne", sagt IARA-Professor Kai Brauer, der das Panel "Demografischer Wandel im ländlichen Raum" moderiert. Auch wenn die Situation längst nicht so dramatisch wie in Norditalien oder Ostdeutschland ist, untersuchen Brauer und Kollegen, wie man vor Ort und mithilfe von lokalem Wissen dem Trend entgegenwirken kann.

Beim Forschungsforum werden dazu verschiedene Ansätze versammelt – von technologischen Hilfestellungen bis zur Frage, wie Zuwanderer besser inkludiert werden können. Altwerden am Land braucht neue Mobilitätskonzepte, die lange soziale Vernetzung ermöglichen. Ein Projekt macht auch die Einbindung von Kindern und Jugendlichen in der ländlichen Mobilität zum Thema. "Viele erfolgreiche Projekte zielen darauf ab, dem ländlichen Raum ein neues Selbstbewusstsein zu geben und lokale Netzwerke zu stärken", so Brauer. (pum, 15.4.2017)

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Link
FH-Forschungsforum 2017

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