Wien- Ex-EU-Kommissionspräsident Romano Prodi kann nichts mit dem Vorschlag von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) anfangen, Migranten nach australischem Vorbild auf Inseln zu internieren. "Das australische Modell funktioniert nicht einmal in Australien. Und wie sollen 150.000 Flüchtlinge auf dem kleinen Lampedusa untergebracht werden", sagte Prodi der Tageszeitung "Die Presse".

Als "nicht nur unmenschlich, sondern auch logistisch nicht umsetzbar" bezeichnete der frühere italienische Ministerpräsident auch Überlegungen, Migranten in Flüchtlingslager in Nordafrika zu bringen. Ohne langfristige Maßnahmen und Entwicklungsperspektive für die Länder im südlichen Mittelmeer "sehe ich keine Lösung", betonte Prodi. Als "absurd" kritisierte er, dass Schiffe aus ganz Europa an Rettungsaktionen im Mittelmeer beteiligt seien, die Flüchtlinge dann aber alle nach Italien gebracht werden. "Logisch wäre, dass man angesichts dieser Notlage Flüchtlinge umgehend auf die EU-Länder verteilt."

Das europäische Projekt hat nach Einschätzung Prodis nach dem Brexit "den Tiefpunkt seiner Krise überwunden". Der Vorschlag eines Europas der zwei Geschwindigkeiten öffne neue Integrationsperspektiven. Der französische Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron sei "der einzige führende EU-Politiker, der wirklich an Europa zu glauben scheint. Und er hat Erfolg." (APA, 11.4.2017)