Brunello Cucinelli führt sein Unternehmen nach eigenen Regeln. Für die Mitarbeiter gilt ab 17 Uhr und am Wochenende ein Arbeitsverbot.

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Modedesigner Brunello Cucinelli verkauft Luxusmode zu Höchstpreisen, etwa Jogginghosen für 1.000 Euro. Doch der Unternehmer aus Solomeo in der mittelitalienischen Region Umbrien ist dennoch dafür bekannt, seinen Betrieb nach ethischen Kriterien zu führen. Das Streben nach Gewinn stehe für ihn nicht an erster Stelle. "Auch die Großaktionäre haben diese Philosophie akzeptiert", erklärt Cucinelli dem STANDARD.

"Natürlich", sagt er, "muss ein Unternehmen Geld verdienen. Ohne Gewinn kann keine Firma überleben. Aber der Gewinn ist kein Wert an sich." Er müsse immer im Dienst der Würde des Menschen stehen. Seine Rivalen meinen anerkennend: Cucinelli hat den Zeitgeist erkannt.

"Humanistischer Kapitalismus"

Inzwischen beginnt der sogenannte humanistische Kapitalismus, Schule zu machen. Die US-Universität Harvard und das Massachusetts Institute of Technology etwa haben ihre Studenten nach Italien entsandt, um von Cucinelli zu lernen. Der Unternehmer hat für seine 1.700 Angestellten nicht nur ab 17 Uhr sowie am Wochenende ein Arbeitsverbot eingeführt. Er hat auch eine eigene Schneiderschule gegründet, um das Handwerk zu lehren.

Seit April 2012 ist das Unternehmen an der Börse notiert. Ende März markierte die Aktie mit 22,70 Euro ein Dreijahreshoch. Der Emissionspreis hatte mit 7,75 Euro am oberen Ende der Preisspanne gelegen. Im Vorjahr kletterte der Nettogewinn um knapp ein Fünftel auf 39 Millionen Euro bei einem um ein Zehntel auf 456 Millionen Euro gestiegenen Umsatz. Cucinelli schloss damit besser ab als einige Rivalen, die 2016 als "Übergangsjahr" bezeichnet hatten. Der Unternehmer zeigt sich auch für 2017 zuversichtlich. "Wir werden heuer Umsatz und Gewinn zweistellig steigern", versichert er. Dass der frischgewählte US-Präsident Donald Trump Einfuhrzölle auf italienische Luxuswaren erheben könnte, fürchtet Cucinelli nicht: "Hunde, die bellen, beißen nicht." Doch gegenwärtig setzt Cucinelli den Fokus ohnehin auf Russland, wo er eine Trendwende erwartet.

Der kommerzielle Luxus und der andere

Seine Zuversicht begründet der Designer mit der derzeit ausgeprägten Nachfrage für exklusiven Luxus. Je einzigartiger die edlen Produkte und je höher die Qualität, desto größer falle die Nachfrage aus. An einen "kommerziellen Luxus", wie er oftmals propagiert wird, glaubt er nicht. Die Kampagne für die Herbst/Winter-Kollektion sei bestens gelaufen, und auch die derzeit stattfindende Präsentation der Frühjahr/Sommer-Kollektion stoße auf reges Interesse.

Von 2017 bis 2019 sollen für das weitere Wachstum neun Millionen Euro investiert werden. Geplant sind vier bis fünf neue Eröffnungen pro Jahr. Die Umweltinvestitionen, etwa in den neuen Freizeitpark rund um das restaurierte Dorf Solomeo, aber auch die Investitionen für die Restaurierung von erdbebengeschädigten Bauwerken werden von der Familienstiftung und nicht vom Unternehmen finanziert. Einen Betrag, wie hoch diese Investitionen sein sollen, wollte Cucinelli nicht nennen. Das sei Familiensache. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, 11.4.2017)