Bild nicht mehr verfügbar.

Die Statue von Justitia in Frankfurt am Main.

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Brüssel – Österreich liegt bei der von der Öffentlichkeit wahrgenommenen Unabhängigkeit der Justiz auf Rang drei in der EU hinter Dänemark und Finnland. Wie aus dem am Montag in Brüssel veröffentlichten "Justizbarometer" der EU-Kommission weiter hervorgeht, schneidet die Slowakei in puncto Unabhängigkeit am schlechtesten ab.

In Österreich beurteilten laut Eurobarometer-Umfrage der EU-Kommission 58 Prozent die Gerichte und Richter als ziemlich gut, was die Unabhängigkeit betrifft. 20 Prozent beurteilten sie als sehr gut, 14 Prozent als ziemlich schlecht und zwei Prozent als sehr schlecht. Im Vergleich dazu gaben in der Slowakei nur 21 Prozent der Befragten an, die Unabhängigkeit ihres heimischen Justizsystems ziemlich gut zu finden und zwei Prozent sehr gut. In Dänemark beurteilen 86 Prozent ihr Justizsystem als unabhängig oder sehr unabhängig.

Druck aus Wirtschaft

Als Hauptgründe für mangelnde Unabhängigkeit werden in Österreich zu jeweils 13 Prozent Druck aus wirtschaftlichen Interessengruppen sowie von Regierung und Politikern genannt. In Kroatien ist die wahrgenommene Einflussnahme durch Politiker 53 Prozent am höchsten.

Von den Unternehmen wird die österreichische Justiz übrigens nicht so unabhängig wahrgenommen wie von der breiten Öffentlichkeit. Hier rangiert Österreich nur auf Platz sieben in der EU hinter Dänemark, Finnland, Luxemburg, Deutschland, den Niederlanden und Malta. Schlusslicht ist auch hier die Slowakei, hinter Slowenien, Bulgarien und Kroatien. Nach Ansicht von 17 Prozent der Unternehmen ist es um die Unabhängigkeit österreichischer Gerichte und Richter ziemlich schlecht bestellt, nach Einschätzung von sieben Prozent sogar sehr schlecht. Als Hauptgründe werden auch hier – zu jeweils 17 Prozent – Einflussnahme aus der Wirtschaft oder der Politik genannt.

Großteils Verbesserungen zum Vorjahr

Generell hat sich aber die wahrgenommene Unabhängigkeit in mehr als zwei Drittel der EU-Staaten – darunter auch in Österreich – gegenüber dem Vorjahr verbessert, wie die EU-Kommission mitteilte. "Ich rufe alle Mitgliedstaaten auf sicherzustellen, dass jede Justizreform die Rechtstaatlichkeit und die Unabhängigkeit der Justiz achtet", sagte die zuständige EU-Kommissarin Vera Jourova.

Die wegen ihrer Rechtsstaatlichkeit im Fokus der EU-Kommission stehenden Staaten Polen und Ungarn liegen in puncto der von den eigenen Bürgern wahrgenommenen Unabhängigkeit ihrer Justizsysteme übrigens im unteren Mittelfeld. Polen steht nach der Einschätzung der heimischen Öffentlichkeit auf Rang 17 in der EU und Ungarn auf Rang 20, was die Unabhängigkeit von Gerichten und Richtern betrifft.

Die Verfahrensdauer in allen Justizverfahren ist am längsten in Zypern, Portugal, Griechenland und Malta. Österreich liegt diesbezüglich auf Platz vier hinter Dänemark, Estland und Litauen. Aus Belgien, Deutschland, Irland, Luxemburg und Großbritannien lagen keine Daten vor.

Brandstetter sei erfreut

Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) hat sich in einer ersten Reaktion erfreut über das gute Abschneiden Österreichs gezeigt. "Wir drängen mit diesem Top-Zeugnis im EU-Vergleich innerhalb von nur zwei Jahren aus dem Mittelfeld ins Spitzenfeld vor", teilte Brandstetter am Montag in einer Aussendung mit.

Es handle sich um "ein Ergebnis sachorientierter und ausgewogener Politik im Justizressort", so Brandstetter. Er sei "froh, dass unsere Reformen auch in der Wahrnehmung der Bevölkerung ihre Wirkung zeigen". Der Strafrechtsexperte und frühere Rechtsanwalt zeigte sich auch zufrieden mit der kürzeren Verfahrensdauer und den immer höheren Anteil von Frauen unter Berufsrichtern. (APA, 10.4.2017)