Die österreichische Franchisekette Coffeeshop Company ist mittlerweile in 27 Ländern mit 302 Kaffeehäusern präsent (im Bild: die Filiale in der Schärf-Welt in Neusiedl am See).

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Kaffee als familiäre Angelegenheit: Marco (li.) und Reinhold Schärf.

HO / Martin Steiger

Neusiedl am See – Bis zu 20 Minuten werden die blassgrünen Steinfrüchte in der Trommelmaschine bei einer Temperatur um die 200 Grad durcheinandergewirbelt. Röstmeister Ronald Schärf kennt seine Bohnen genau und weiß, wann bei jeder Sorte und Mischung der richtige Zeitpunkt gekommen ist, den Röstvorgang zu stoppen. Bereits wenige Sekunden Röstzeitunterschied oder minimale Temperaturabweichungen können aus ein und demselben Rohkaffee enorm unterschiedlich schmeckende Kaffees erzeugen. "Eine Frage der Erfahrung", sagt er.

Erfahrung in Sachen Kaffee sammelt das Familienunternehmen Schärf seit drei Generationen. Begonnen hat alles in den 1950er-Jahren mit einem von Alexander Schärf in Wiener Neustadt aufgebauten Kaffeemaschinenhandel für die Gastronomie. "Weil er Kaffee nur schlecht vertragen hat, wollte mein Vater eine Kaffeemaschine entwickeln, mit der die wertvollen Öle herausgezogen werden, die Gerbsäure aber zurückbleibt", erzählt Reinhold Schärf (60), Firmeninhaber – und Bruder von Röstmeister Roland. Fünf Familienmitglieder arbeiten im Unternehmen.

302 Kaffeehäuser

Im Laufe der Jahrzehnte wurde das Geschäft um Import und Röstung von Arabica-Kaffeebohnen und die Planung und Einrichtung von Gastronomiebetrieben erweitert. 1999 wurde die Coffeeshop Company gegründet, für die Sohn und Ex-Rennfahrer Marco (36) verantwortlich ist. Die Franchisekette ist mittlerweile mit 302 Kaffeehäusern in 27 Ländern präsent, davon 22 in Österreich.

Mit dem Import von 400 Tonnen Kaffee im Jahr, die weltweit direkt bei den Anbauern bezogen werden, sind die Österreicher international zwar "ein Zwerg, der aber durchaus zwicken kann", sagt Reinhold Schärf. Dass sich das Unternehmen mit einem Gruppenumsatz von 93 Millionen Euro und 4500 System-Mitarbeitern neben großen Ketten wie Starbucks behaupten kann, liege unter anderem am guten Namen Österreichs und seiner Kultur. "Und anders als andere passen wir unser Konzept regionalen Bedürfnissen an."

Geopolitische Herausforderungen

Das erfordere allerdings in vielerlei Hinsicht eine hohe Flexibilität – und die Geduld, auch mal etwas aussitzen zu können, betont der Firmenchef. Bei Beginn der Erschließung des türkischen Marktes durch Masterfranchiseverträge 2006 sei es von Vorteil gewesen, Österreicher zu sein, ebenso in Russland und arabischen Ländern. "Geopolitische Veränderungen haben das Geschäft jedoch durcheinandergeschüttelt. In der Türkei würden sich mit Leichtigkeit 50 bis 60 Coffeeshops statt derzeit zehn rentieren", sagt Schärf. Da heiße es jetzt abwarten und schauen, wie es mit der Politik weitergeht.

Voll abgekriegt habe das Unternehmen auch die Russland-Krise. Europa habe sich mit den Sanktionen keinen Gefallen getan, meint Schärf. Die Russen setzten verstärkt auf regionale Versorgung, die Wertschöpfung erfolge zunehmend im Land. Dass sein Unternehmen trotzdem in Russland wachse (aktuell sind es 93 Shops), liege daran, dass man sich an den Geschäften selbst beteiligt habe.

Qualitätskontrolle mittels Telemetrie

2004 eröffnete die österreichische Kaffeedynastie in Neusiedl am See die Schärf-World "The Art of Coffee". Hier wird ein Teil der Kaffeebohnen geröstet und die Franchisemitarbeiter geschult. Ein multimedialer Lehrpfad führt Interessierte in die Welt des Kaffees ein. Entwicklung und Bau der Espressomaschinen erfolgen in Wiener Neustadt und Monaco. Ganz neu ist ein Gerät, mit dem die Kaffeequalität via Telemetrie über tausende Kilometer Entfernung überwacht werden kann. Kostenpunkt: knapp 30.000 Euro. "Da stecken zehn Jahre Entwicklung und alles, was ich über Kaffee weiß, drin", sagt Schärf, der täglich bis zu 20 Tassen Kaffee trinkt.

Warum er keine kleineren Maschinen für Haushalte produziert? Das rentiere sich nur ab 60.000 Stück pro Jahr, antwortet Reinhold Schärf. Aktuell erzeuge man jährlich 2000 Geräte. Es gäbe zwar viele Anfragen – "aber wie bringt man die Technik eines Bentley in einem Moped unter? Allerdings – reizvoll wäre es schon." (Karin Tzschentke, 10.4.2017)