Bayonne – Im Zuge ihrer vollständigen Entwaffnung hat die baskische Untergrundorganisation ETA ihre Waffenbestände offengelegt. Sie übergab den französischen Behörden am Samstag eine Liste mit acht Waffenverstecken im Südwesten Frankreichs.

Dort fanden Polizisten Dutzende Waffen, Tausende Schuss Munition, mehrere hundert Kilogramm Sprengstoff und Bombenbauteile sowie mehrere hundert Zünder und Zeitschalter, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Frankreichs Innenminister Matthias Fekl sprach von einem "großen Schritt", die spanische Regierung forderte die endgültige Auflösung der Untergrundorganisation.

Liste an Behörden übergeben

Die ETA hatte Mitte März angekündigt, fast 60 Jahre nach ihrer Gründung ihre Waffen bis zum 8. April vollständig abzugeben. Die Liste war über Vermittler an die Behörden übergeben worden. An den Bemühungen um die Beendigung des Konflikts mit der ETA war auch der frühere Präsident der französischen Menschenrechtsliga, Michel Tubiana, beteiligt.

Die französische Polizei will prüfen, ob einige der Waffen bei Anschlägen verwendet wurden. Polizei, Armee und Justiz in Spanien und Frankreich sind seit Jahrzehnten mit der ETA (baskisch: Euskadi Ta Askatasuna, Baskenland und Freiheit) befasst. Die 1959 während der Franco-Diktatur in Spanien gegründete Organisation versuchte mit Anschlägen und Gewalt die Unabhängigkeit des Baskenlandes in Spanien und Frankreich zu erzwingen. Die Behörden machen die ETA für den Tod von insgesamt 829 Menschen verantwortlich. Die Europäische Union stuft sie bis heute als Terrororganisation ein.

Noch 30 Mitglieder

Beim letzten ETA-Anschlag wurde 2010 ein französischer Polizist getötet. 2011 erklärte die Organisation dann ihren bewaffneten Kampf für beendet. Inzwischen soll es nur noch rund 30 ETA-Mitglieder geben.

Die Regierung in Madrid blieb bei ihrer Position. In einer am Samstag veröffentlichten Stellungnahme erklärte sie, die ETA müsse "ihre endgültige Auflösung verkünden, ihre Opfer um Verzeihung bitten und verschwinden". Nach der Entwaffnung habe sie mit "keinerlei Vorzugsbehandlung zu rechnen". Die Parteien des spanischen Baskenlandes hatten zuvor – mit Ausnahme der rechtskonservativen Volkspartei – gemeinsam dazu aufgerufen, der ETA "Glaubwürdigkeit" zuzugestehen, um ein "Kapitel der Vergangenheit zu schließen" und eine "Zukunft des Zusammenlebens" aufzubauen.

ETA-Opfer wollen deren Gewalttaten aber nicht vergessen. Eine Opfervereinigung sammelte tausende Unterschriften für einen Aufruf, in dem es heißt, die "mediatisierte Waffenübergabe" gehöre ins Reich der "Propaganda" und der "Selbst-Reinwaschung". Die Unterzeichner wiesen das Ansinnen zurück, von den Opfern "Großherzigkeit" zu erwarten und verlangten von der ETA eine "Verurteilung der terroristischen Vergangenheit".

Der ehemalige Chef der verbotenen Baskenpartei Batasuna, Arnaldo Otegi, sprach von einem "historischen Ereignis". Der im März 2016 nach sechseinhalbjähriger Haft aus dem Gefängnis entlassene 58-Jährige sagte, die ETA-Mitglieder müssten eine Diskussion über ihre Zukunft beginnen. Otegi war eines der ersten ETA-Mitglieder, die zur Niederlegung der Waffen aufriefen.

In Bayonne nahmen am Samstagnachmittag 6.000 bis 7.000 Menschen an einem Fest zum "Tag der Entwaffnung" teil, die Mehrheit von ihnen aus dem spanischen Baskenland. Das Motto lautete "Wir sind alle Schmiede des Friedens". (APA, 8.4.2017)