Keine Milchkrise auf den Tiroler Bergen: Preise blieben stabil.

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Innsbruck – Biodiversität, Förderung regionaler Kreisläufe, Verkäufermärkte: Heinz Gstir spricht die Sprache der Chefetagen und ist doch im Herzen Milchbauer geblieben. Seine klobigen Hände zeugen von jahrzehntelanger harter Arbeit im Stall, seine Worte spiegeln wiederum 15 Jahre Erfahrung am hartumkämpften Markt für landwirtschaftliche Bioprodukte wider.

Aus der Brusttasche seines Hemdes lugt eine Packung Hobby-Zigaretten hervor. Gstir ist kein aalglatter Bio-Hipster mit BWL-Abschluss, der aufgesetzten gesunden Lifestyle zu Geld machen will. Der Unterländer ist Obmann der Genossenschaft Bio vom Berg, der größten erzeugergeführten Biomarke Mitteleuropas.

Keine Lust auf Investoren

"Authentizität ist der Schlüssel", sagt Gstir. Darum nimmt die Genossenschaft, der heute rund 60 Anteilseigner – mehrheitlich Tiroler Biobauern, aber auch einige verarbeitende Betriebe wie Käsereien oder Fleischhauer – angehören, keine Investoren auf: "Ein Genossenschafteranteil kostete bei der Gründung vor 15 Jahren 2000 Euro. Damals haben wir 40 Anteile verkauft, das war unser Startkapital." Im Vorjahr erzielte Bio vom Berg einen Umsatz von 8,6 Millionen Euro. Insgesamt 600 Biobauern beliefern die Marke mittlerweile mit ihren Produkten.

"Bedingung ist, dass in den Bergen und biologisch produziert wird, wie der Name schon sagt", erklärt Gstir. Denn die alpine Landwirtschaft sei die natürlichste und die Kleinstrukturiertheit der Betriebe in den Alpen ein Vorteil für biologische Produktion.

Andererseits sei sie auch ein Nachteil für die Bauern, die mit der Konkurrenz durch riesige Erzeuger in Deutschland, Holland und anderen Ländern zu kämpfen haben. Die Landwirte seien in dieser Beziehung ganz klar als Globalisierungsverlierer zu bezeichnen.

Bio vom Berg hat sich daher zum Ziel gesetzt, die regionalen Landwirte durch höhere Preise zu fördern und so zu erhalten, wie Gstir erklärt: "Eine besondere Landwirtschaft braucht einen besonderen Marktzugang."

Den Ertrag investiert die Genossenschaft in die Vermarktung und Entwicklung. "Wir haben bis heute keine Gewinnausschüttung gemacht, weil wir nicht auf Gewinn ausgerichtet sind, das ist unser großer Vorteil", sagt Gstir. Auf diese Weise konnte Bio vom Berg etwa im Vorjahr, während die Milchkrise den Literpreis auf unter 30 Cent drückte, seinen Erzeugern weiter über 50 Cent bieten. "Der Konsument muss halt bereit sein, für bessere Qualität ein bisschen mehr zu zahlen", erklärt er den Zugang.

20 Prozent Wachstum

Und die Konsumenten scheinen das zu verstehen. Allein 2016 verzeichnete die Marke rund 20 Prozent Wachstum. Und der Plafond sei noch nicht erreicht. Neben dem heimischen Markt gelten auch die Nachbarländer Deutschland und Italien als interessant für Tiroler Biowaren.

Je nach Saison hat die Marke rund 140 Produkte im Sortiment, das vorrangig über den Lebensmitteldiskonter MPreis, aber auch über weitere Supermärkte vertrieben wird. Die Schokolademanufaktur Zotter setzt ebenfalls auf Bio-vom-Berg-Produkte, erzählt Gstir.

Die Genossenschaftsform hält er für ideal, um im ländlichen Raum die kleinstrukturierte Landwirtschaft zu erhalten: "Sie ermöglicht ein Wirtschaften zwischen den Blöcken. Noch weit weg vom Kommunismus, aber eben auch von den Auswüchsen des Großkapitalismus." Von Nachteil sei die schwerfälligere Entscheidungsstruktur. Denn intern gilt das strikte Prinzip, dass kein Mitglied mehr als fünf Stimmen hat, egal wie viele Anteile man hält. (Steffen Arora, 7.4.2017)