Die "Firma" Bauernhof ist meist nicht nur Betrieb mit Chef und Team, die "Firma" ist auch Familie und engstes soziales Umfeld.

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Salzburg – Jeder Bauernhof ist ein Wirtschaftsbetrieb; jeder Hof muss sich rechnen, sonst wird er früher oder später aufgelassen. So gesehen unterscheidet sich das Wirtschaften mit Getreide, Wein oder Vieh nicht viel vom anderen Wirtschaftsleben.

Und doch gibt es einen wesentlichen Unterschied: Die "Firma" Bauernhof ist meist nicht nur Betrieb mit Chef und Team, die "Firma" ist auch Familie und engstes soziales Umfeld. Im Stall ist man Arbeitskollege oder -kollegin, fünf Minuten später am Frühstückstisch ist man Partner, Sohn oder Tochter, Vater oder Mutter. Rollenkonflikte sind die Folge.

Es sei naheliegend, dass in dieser Konstellation Streitereien entstehen, sagt Elisabeth Neureiter. Sie leitet in Salzburg die Initiative "Lebensqualität Bauernhof" der Landwirtschaftskammer.

Soft Skills in der Landwirtschaft

Gemeinsam mit der akademischen Supervisorin Erika Trampitsch wird Neureiter dann aktiv, wenn es auf dem Hof kriselt. Seit 15 Jahren berät die Salzburger Initiative Bauern und Bäuerinnen. Im Mittelpunkt stünden dabei oft Generationenkonflikte, aber auch Fragen der Arbeitsüberlastung. Letztere treffe vor allem Frauen, sagt Neureiter. Zur Arbeitsbelastung käme oft auch noch die Pflege von Angehörigen hinzu.

Etwa 100 Fälle betreuen Neureiter und Trampitsch pro Jahr. Die Salzburger sind rund um Soft Skills in der Landwirtschaft österreichweit führend. Während in anderen Bundesländern die Aktion "Lebensqualität Bauernhof" als Projekt bei den Kammern angesiedelt ist, ressortiert die Initiative in Salzburg direkt beim Agrarressort der Landesregierung.

Lose zusammengefasst sind alle Initiativen im österreichweit seit 2008 aktiven "bäuerlichen Sorgentelefon". Die Kummernummer wird abwechselnd von jeweils einem Berater und einer Beraterin eines Bundeslandes betreut. Etwa 750-mal hat das Sorgentelefon 2016 geklingelt. Es seien vor allem Frauen, die den Erstkontakt suchen, berichtet Neureiter; sie sorgten für 80 Prozent der Anrufe.

Akut versorgungsgefährdet

In der statistischen Auswertung nach Anliegen rangiert das Thema "Generationenkonflikt am Hof" mit 33 Prozent auf Platz eins. Partnerschaftskonflikte kommen mit 19 Prozent auf Platz zwei, dann folgen Probleme mit der Hofübergabe und Sorgen mit Kindern.

Gerade beim Thema Partnerschaftskonflikte und Scheidung seien Frauen auf dem Land besonders benachteiligt, sagt Neureiter. Trennt sich eine Frau von ihrem Partner nach Jahrzehnten am gemeinsamen Hof, sei sie letztlich akut versorgungsgefährdet. (Thomas Neuhold, 7.4.2017)