Christoph Leitl brachte am Donnerstag seine Reformpläne durch das Wirtschaftsparlament.

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Wien – Am Ende waren die allermeisten Kritiker dann doch wieder an Bord. Mit großer Mehrheit wurde am Donnerstag im Wirtschaftsparlament – dem höchsten Gremium der Wirtschaftskammer – die Kammerreform beschlossen. "Wir haben heute kein Finale, sondern den Startschuss", sagte WKO-Präsident Christoph Leitl.

Wie berichtet gab es im Vorfeld durchaus einigen Unmut über seine Pläne. Vier Landeskammern (Wien, Niederösterreich, Salzburg und Burgenland) taten diesen auch in einem Brief an Leitl kund, begleitet von inoffiziellen Untergriffen ("dilettantische Reform"). Für Kritik sorgte etwa, dass nicht geklärt sei, wie die gewünschten Einsparungen von 134 Millionen Euro bis 2019 konkret erzielt werden sollen.

Mitglieder zahlen weniger

Ist das nun im Antrag, der vom schwarzen Wirtschaftsbund (allein er verfügt über zwei Drittel der Mandate), dem roten SWV und der Freiheitlichen Wirtschaft beschlossen und von allen neun Landespräsidenten unterschrieben wurde, geklärt? Nicht wirklich. Im Grunde enthält er nur die gleichen Eckpunkte, die Leitl vor einigen Wochen präsentiert hat: Unter anderem wird die Kammerumlage 2 um fünf Prozent gesenkt, bei der Kammerumlage 1 werden Investitionen herausgerechnet, und Neugründer müssen ein Jahr lang keine Grundumlage zahlen.

Bei den Änderungen der letzten Wochen ging es also eher um Details. Die 134 Millionen werden nun als "Nutzenpotenzial" bezeichnet – das klingt nicht mehr ganz so ultimativ. Die explizite Forderung nach der "Reduktion des Faktor 10" – gemeint ist die Aufgabenerbringung durch die Bundes-WKO und die neun Landeskammern – wurde gestrichen. Es ist nur mehr von "kooperativem Föderalismus" die Rede – wohl ein Zugeständnis an die kleinen Landeskammern, die besonders um ihre Unabhängigkeit fürchten.

"Ein bissl am Horizont erkennbar"

Auf Drängen des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands wurde noch gestrichen, dass "insbesondere die großen und mittleren Beitragszahler" entlastet werden sollen. Es sei dem SWV trotzdem "nicht leichtgefallen zuzustimmen", weil die Reformen bisher "nur ein bissl am Horizont" erkennbar seien, meinte Christoph Matznetter.

Es geht also sehr stark um die Symbolik – zumal das Wirtschaftskammergesetz ohnehin nur vom Nationalrat geändert werden kann. Hinter vorgehaltener Hand räumen Funktionäre daher auch ein, dass es nicht nur um Inhalte, sondern längst auch um die Leitl-Nachfolge geht.

Kein klarer Favorit

Einen klaren Favoriten gibt es noch nicht. Kolportiert werden mehrere Namen: der steirische Landespräsident Josef Herk (er war auch Leiter der Finanzierungsgruppe), der Wiener Walter Ruck und der Obmann der Sparte Transport, Alexander Klacska. Interesse soll auch Hauptverbandschefin Ulrike Rabmer-Koller haben, ihre Chancen werden aber als nicht sehr hoch beziffert.

Nicht allen in der Kammer ist es jedenfalls recht, dass der Oberösterreicher Leitl, der bei der nächsten Wahl 2020 nicht mehr kandidieren darf, jetzt noch über Jahre den Kammerkurs bestimmt und auch nicht sagt, wann er übergibt. Eine größere Reform wäre Aufgabe des nächsten, nicht des scheidenden Präsidenten, lautet ein Einwand.

Rücklagen auflösen

Bei den Kammermitarbeitern sorgen all die offenen Fragen naturgemäß für Unruhe. Wo wird eingespart? Welche Bereiche werden zusammengelegt? Welche Mitarbeiter werden nicht nachbesetzt? Am Donnerstagnachmittag fand dazu eine erste Information der Belegschaft statt.

Einen gewissen Spielraum haben die einzelnen Kammerorganisationen bei den Sparmaßnahmen aber durchaus, wie Leitl klarmachte. Es sei klar, dass man die Ziele "in einzelnen Bereichen" bis 2019 nicht schaffen werde. In diesen Fällen könnten auch Rücklagen aufgelöst werden. Und die gibt es in nicht unbeträchtlichem Ausmaß: Laut einer Anfrage des Neos-Abgeordneten Sepp Schellhorn lagen sie im Jahr 2015 bei fast 670 Millionen Euro. (Günther Oswald, 6.4.2017)