Der aktuelle Mac Pro (im Bild ohne Hülle) erhält ein kleines Update.

Foto: Matthias Cremer / STANDARD

Wer die Präsentationen von Apple kennt, der wird wissen, dass das Unternehmen in Hinblick auf die eigenen Produkte gern mit Superlativen jongliert. Jede noch so kleine Veränderung ist "amazing", jedes neue Feature "revolutionary". Bescheidenheit ist also nicht gerade die Sache des iPhone-Herstellers, umso mehr verblüffen nun aktuelle Aussagen des Unternehmens.

Selbstkritik

In einem Gespräch mit Pressevertretern ließ Apples Senior Vice President Marketingchef Phil Schiller am Dienstag mit deutlichen Worten aufhorchen. Man habe sich beim aktuellen Mac Pro "in die Ecke designt". Mit der gewählten Zylinderform und der konkreten Hardwareausstattung habe man nicht nur professionelle User enttäuscht, sondern sich auch selbst die Möglichkeit genommen, laufende Upgrades der Hardware mit neueren Komponenten vorzunehmen.

Ursachen

Grund dafür seien thermische Probleme, die zu große Hitzeentwicklung in dem Kübel führe dazu, dass man hier nicht nach Belieben neue Komponenten verbauen könne. Diese Beschränkungen hätten auch dazu geführt, dass man keine Highend-Grafikkarte verbaut hat, sondern zwei Mittelklasse-Grafikchips parallel nutzt. Diese Wahl habe sich aber wiederum für viele professionelle Nutzer, die Top-Grafikleistung benötigen, als problematisch herausgestellt, gibt sich Apple selbstkritisch.

Kontext

Geradezu bizarr wird diese Aussage, wenn man bedenkt, dass Schiller diese parallel zur Vorstellung des ersten – wenn auch kleinen – Hardware-Upgrades für den Mac Pro seit fast dreieinhalb Jahren tätigt. Und zwar eine Aktualisierung, die natürlich weiterhin den gerade erst offen kritisierten Formfaktor nutzt. So gibt es leichte Verbesserungen an der CPU, der verwendete Xeon-Chip von Intel hat nun etwa bei der Ausführung des Geräts für 2.999 US-Dollar sechs statt vier CPU-Kerne, und auch die genutzten Grafikkarten sind für den gleichen Preis nun etwas leistungsfähiger. Ansonsten bleibt das Gerät aber unverändert, was auch bedeutet, dass es weiterhin ohne USB-C oder Thunderbolt-3-Schnittstellen auskommen muss.

Unsichere Zukunft

Das Verkaufsargument für dieses neue Gerät scheint also simpel zu sein: Derzeit gibt es von Apple nichts Besseres. Dieses Bessere stellt Apple nun zwar in Aussicht, aber genau genommen für irgendwann. Man wolle sich Zeit nehmen für ein besseres Design, heißt es. Einen Termin nennt man dabei nicht, aber frühestens werde es einen vollständig neuen Mac Pro im Jahr 2018 zu sehen geben, so Apple. Dies lässt natürlich auch offen, dass es durchaus auch später werden könnte.

Lange Nachdenkpause

So positiv die neue Selbstkritik von vielen aufgenommen werden mag, die das aktuelle Mac-Pro-Design schon immer als Fehlentwicklung betrachtet haben, so sehr stellt sich dabei auch eine Frage, auf die Apple keine Antwort liefert: Nämlich warum es eigentlich dreieinhalb Jahre gebraucht hat, um festzustellen, dass das aktuelle Design eine Fehlentwicklung war. Ganz allgemein drängt sich zudem die Frage auf, woher Apples neues Interesse am Desktop rührt, nachdem man diese Kategorie in den vergangenen Jahren sträflich vernachlässigt hat. Der Verdacht liegt nahe, dass man hier auf die aktuellen Neuvorstellungen anderer Hersteller reagiert, die gezeigt haben, dass der gute alte Desktop allen Unkenrufen zum Trotz noch eine Zukunft hat. (red, 5.4.2017)