Wien – Der wortkarge und von Auswirkungen körperlicher und psychischer Gewalt gezeichnete Protagonist James Keziah Delaney, gespielt vom auch nicht gerade als schauspielerische Plaudertasche bekannten Paradepsychopathen Tom Hardy (Mad Max, The Revenant, Bronson), kehrt tot geglaubt zwölf Jahre nach seiner Flucht vor der Familie im Jahr 1814 aus Afrika nach London zurück.

Die britische Fernsehserie "Taboo": Der britische Schauspieler Tom Hardy als körperlich wie seelisch gebrochener James Keziah Delaney, der nach zwölf Jahren als Sklavenhändler in Afrika ins London des Jahres 1814 zurückkehrt, um ziemlich blutige Rache zu nehmen.
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In seinem Gepäck befinden sich nicht nur Blutdiamanten, eine Vergangenheit als Sklavenhändler und Massenmörder, sondern auch rechtschaffene Rachegelüste. Immerhin steckt ja selbst im größten Ekelhaufen immer auch ein Stück Menschlichkeit, das zur Not auch mit Waterboarding, Knochenbrechen und Beuschlreißen herausgeholt werden kann.

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Blut ist dicker als Wasser. Auch wenn die Mutter ihn als Baby töten wollte und der Vater die Mutter ins Irrenhaus wegsperrte (was wir aber jetzt noch nicht wissen müssen, es ist auch so spannend). Immerhin geht es darum, in Folge den Tod des verhassten Vaters zu rächen. Der wurde offenbar von der damals aktiven zweiten Macht im Staat, der ausbeuterischen Welthandel treibenden East India Company, umgebracht. Der Grund ist ein blutiger Boden, ein Stück Grenzland an der Westküste Nordamerikas, das im damaligen Krieg zwischen Großbritannien und den Separatisten eine entscheidende Rolle spielt.

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Die erste Staffel der britischen Fernsehserie Taboo wird völlig zu Recht hymnisch abgefeiert. Entwickelt von Tom und seinem Vater Edward "Chips" Hardy sowie Regiealtmeister Ridley Scott als Produzent, wird man in dieser nun auch offiziell über den deutschen Bezahlkanal Amazon Prime vorliegenden achtteiligen Serie nicht nur Zeuge eines weiteren historisch angesiedelten britischen Fernsehwunders in der Nachfolge von Peaky Blinders (an dem Tom Hardy ebenfalls beteiligt war).

Die Mischung aus brutal-realistischer Schilderung des Lebens im vor Dreck starrenden London des frühen 19. Jahrhunderts, Intrigen, tabuisierter Geschwisterliebe (aha!) und schlichtweg abgrundtiefer, auf reiner Gier beruhender Bösartigkeit und Entmenschlichung ist vor allem auch filmisch akribisch bis in die letzten unausgeleuchteten Ecken der vor Feuchtigkeit und Verzweiflung starrenden Häuser angelegt.

Der großartige Jonathan Pryce gibt neben Tom Hardy den zweiten, eher merkantil denn sadistisch auftragenden Oberschurken von der Company, Franka Potente die zynische Puffmutter. Oona Chaplin als James Delaneys Halbschwester laviert zwischen Berechnung und Leidenschaft für ihren geliebt-gehassten Bruder.

Gibt es im Leben Happy Ends jenseits von Stichwunden und Tod durch Ertrinken? Zwischendurch werden wir Zeuge afrikanischer Voodoorituale. Der sensationell bedrohliche Soundtrack stammt von Max Richter. Zwei weitere Staffeln sind abgesegnet. Die Onedin-Linie ist dieses Mal so richtig toll geworden.

Ab sofort bei Amazon Prime. (Christian Schachinger, 1.4.2017)

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