Man könnt' meinen, auch als lifestylebewusster Mensch wäre es gesellschaftlich eher Common Sense, dass man seine Beziehung zum Kind nicht über die Erniedrigung Dritter gestalten sollte. Weit gefehlt.

Letztens fand sich in einer Elternzeitschrift (nach außen hin modern, großformatige Fotografien, hippe Aufmachung) unter anderem ein Beitrag, der mir und anderen die Haare zu Berge stehen ließ. In einer Rubrik über Dinge, die man mit Kindern unternehmen kann, durfte ein Vater berichten, dass er mit seiner kleinen Tochter gerne lästert. Beispielsweise über eine sehr korpulente Frau.

Dieser Akt der Aggression, schreibt der Autor, verbinde ihn mit der Tochter, weil jede gute Beziehung einen Feind im Außen brauche, um gedeihen zu können. Bei all den Aktionen Erdogans, Trumps oder Putins offenbart sich dieses Problem auf der politischen Ebene ja ganz vorzüglich.

Damit schlägt das tapfere Lästerschwein gleich mehrere Fliegen auf einen Streich: In müheloser Gleichzeitigkeit bringt er seiner Tochter bei, wie Mobbing funktioniert, dass Frauen nach ihrem Aussehen be- und abgewertet werden, dass sie selbst nur okay ist, solange sie dünn bleibt. Nebenbei schafft er auch Anlagen zur zünftigen Essstörung, früh übt sich bekanntlich, wer mit seinem Körper nicht zurechtkommen wird. Nach Beschwerden veröffentlichte die Zeitschrift eine Entschuldigung à la Jörg Haider. Unseretwegen sagen wir, es täte uns leid, aber der Artikel sei ehrlich und deswegen eh irgendwie okay.

Ich warte nun gespannt darauf, ob demnächst auch als mögliche Unternehmung mit Kind "Einprügeln auf Schwächere" oder "Hetzen gegen Flüchtlinge" empfohlen wird. Weil es ja so richtig ehrlich und hip ist, wenn man es ganz okay findet, ein Arschloch zu sein.(Julya Rabinowich, 30.3.2017)