Barcelona – Als es gegen Ende des Zeitalters des Pliozäns immer kälter wurde, verschwanden neben vielen anderen Tiergruppen auch die letzten Krokodile aus Europa – das war vor etwa 2,6 Millionen Jahren. Davor hatten diese Reptilien unseren Kontinent über lange Zeit hinweg mit verschiedensten Arten besiedelt.

Dazu zählte auch die mit den heutigen Alligatoren und Kaimanen verwandte Gattung Diplocynodon. Eine zu dieser Gattung gehörende Spezies hat sogar in Österreich Fossilien hinterlassen und trug für einige Zeit die Bezeichnung Diplocynodon styriacus.

Diplocynodon ratelii schnappt sich ein kleines Huftier, das unvorsichtig gewesen ist.
Illustration: José Antonio Peñas (SINC)

Auf die Spuren eines weiter westlich lebenden Verwandten des schuppigen Steirers haben sich nun Forscher um David Alba vom Katalanischen Institut für Paläontologie gemacht: Diplocynodon ratelii lebte vor etwa 16 Millionen Jahren im heutigen Katalonien, als die Region eine von Seen und Teichen durchsetzte Waldlandschaft war und etwas wärmer als heute gewesen sein dürfte.

Gefunden wurden die Überreste der Spezies in der Fossilienlagerstätte von Els Casots – zuvor war sie nur aus dem Süden Frankreichs bekannt gewesen. Diplocynodon ratelii war ein recht kleines Krokodil: Mit einer Länge von nur einem Meter dürfte es von der Jagd auf Fische, Nagetiere und kleinere Reptilien gelebt haben. Möglicherweise konnte es auch Hirschferkel erbeuten, so die Forscher. Die geringe Größe war aber typisch für die Gattung Diplocynodon, die über viele Millionen Jahre hinweg weite Teile Europas bevölkerte.

Die Funde in Katalonien ermöglichten es, das Aussehen von Diplocynodon so verlässlich wie nie zuvor zu rekonstruieren.
Illustration: José Antonio Peñas (Sinc)

Die Fundstätte von Els Casots gilt wegen ihres Fossilienreichtums in Spanien als Kulturerbe von nationaler Bedeutung Sie gibt Einblicke in eine Ära, als der Südwesten Europas nicht nur von Krokodilen bevölkert war, sondern auch von Hyänen, Nashörnern, "Bärenhunden" (einer ausgestorbenen Raubtierfamilie) und verschiedenen Rüsseltieren – darunter auch Deinotherien, die um einiges größer als heutige Elefanten wurden. (jdo, 2.4.2017)