Grafiker, Maler, Bildhauer: Der österreichische Künstler Gotthard Muhr (1939-2013) hatte viele Talente, das zur Selbstvermarktung fehlte ihm allerdings. Zwar hatte er in jungen Jahren internationale Galerien- und Museumsausstellungen, nahm an Biennalen teil, doch mit zunehmendem Alter verschwand er buchstäblich von der Bildfläche.
Muhr, der an der Akademie der bildenden Künste zunächst die Meisterklasse Max Melchers, später die Meisterschule für Medailleurkunst besuchte und parallel dazu Philosophie studierte, war ein unbeugsamer und konsequenter Künstler, der sein Vokabular beständig erweiterte. Mit handwerklicher Könnerschaft verwandelte er die Anschauung von Natur in philosophisch grundierte Kunst, deformierte, überhöhte und, ja, persiflierte sie – und sich selbst. Zum aus der Haut fahren ist dafür ebenso ein Beispiel wie die Kaltnadelradierung Standfest: Zu sehen ist darauf ein Mensch, dessen Füße in Beton gegossen sind.
Auf der Stelle treten, gesellschaftlichen, geschmäcklerischen oder vom Kunstmarkt diktierten Normen zu gehorchen war sein ganz persönlicher Albtraum, den der Sohn eines oberösterreichischen Sargtischlers immer wieder auch in seiner Kunst verarbeitete. Der Kunstkritiker Kristian Sotriffer verortete Muhr seinerzeit zwischen Goya und Art brut, Ex-Museumsdirektor Peter Baum stellte ihn in eine Reihe mit Egon Schiele, Oskar Kokoschka, Alfred Kubin und Richard Gerstl.
Die Galerie Kopriva Krems, spezialisiert auf die Wiederentdeckung und Neubewertung wichtiger österreichischer Künstler, stellt nun mit einer umfangreichen Werkschau Gotthard Muhr in den Fokus. (Andrea Schurian, 30.3.2017)