Düstere Farben zum Schwarzmalen gäbe es genug in der Palette: Bulgarien ist das ärmste Land der EU. Die derzeit amtierende Übergangsregierung ist bereits die sechste innerhalb von vier Jahren. Korruption ist ein allgegenwärtiges Problem, von der Etablierung einer erfolgreichen Antikorruptionsbehörde wie im Nachbarland Rumänien ist man in Sofia noch weit entfernt. All das geht auch auf die Kappe des proeuropäischen Wahlsiegers Bojko Borissow, der bereits zweimal Premierminister war.

Die Sozialisten wiederum, immerhin zweitstärkste Partei, schielen gern nach Moskau und nehmen es mit der Abgrenzung von der kommunistischen Diktatur der Vergangenheit nicht so genau. Und die Nationalisten produzieren Bilder martialischer Patrioten, die an der türkischen Grenze Flüchtlinge "festnehmen"; dafür werden sie in einigen Medien noch gefeiert.

Dennoch: Die Enttäuschung über stockende Reformen verführte die Menschen nicht zur Abkehr von den nach wie vor starken Sympathien für die EU. Das entspricht jenen Umfragen, denen zufolge die Bulgaren den EU-Institutionen mehr vertrauen als den eigenen in Sofia. Für Borissow ist das Wahlergebnis genau deshalb kein Freibrief zum Weiterwursteln. Wenn nicht bald Reformen und Korruptionsbekämpfung greifen, könnte ausgerechnet seine proeuropäische Orientierung zur inhaltsleeren Hülse verkommen – und die Hoffnungen in die EU diskreditieren. (Gerald Schubert, 27.3.2017)